Die Schweiz zieht die Schraube gegenüber Eritrea an. Das Staatssekretariat für Migration will 3200 vorläufig aufgenommene Eritreer zurück in die Heimat schicken (BLICK berichtete). Ganz so einfach dürfte das aber nicht sein – Zwangsausschaffungen sind nämlich nicht möglich, weil sich der eritreische Präsident Isayas Afewerki (72) schlicht weigert, die Rückkehrer aufzunehmen.
Ein Migrationsabkommen, das solche Rückführungen erlauben würde, liegt in weiter Ferne. Dies unterstrich Aussenminister Ignazio Cassis (56) erst in der Frühlingssession noch einmal: «Der Bundesrat ist willens, alles zu unternehmen. Aber es ist eine Tatsache, dass Eritrea dazu nicht bereit ist.»
6,6 Millionen für Entwicklungshilfe
Da haben auch die 6,6 Millionen Franken nicht geholfen, mit denen die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) seit Mitte 2017 drei Berufsbildungsprojekte im Land am Horn von Afrika unterstützt. Mithilfe der Schweizer Gelder werden dort nun 300 bis 400 junge Eritreer zu Elektronikern, Elektrikern und Computerspezialisten ausgebildet.
Es ist ein Pilotprojekt. Davor herrschte zehn Jahre lang Funkstille in Sachen Entwicklungshilfe. Grund dafür waren massive Bedenken gegenüber der Menschenrechtslage in Eritrea. «Zudem wurde die Arbeit der Deza damals von der eritreischen Regierung behindert», sagt George Farago, Sprecher im Aussendepartement EDA auf Anfrage von BLICK.
Verantwortlich für die Pilotprojekte in Eritrea ist das Parlament, das den Bundesrat gegen seinen Willen zum Wiedereinstieg in die Entwicklungshilfe gezwungen hatte. Die bürgerliche Mehrheit des Parlaments erhoffte sich dadurch ebenjenes Rückübernahmeabkommen.
Wird das Rad zurückgedreht?
Weil sich da nichts bewegt hat, fordern bürgerliche Politiker nun bereits wieder, die Entwicklungshilfe einzustellen. Auch dazu erklärte sich Cassis bereit: «Ja, der Bundesrat wird das jetzt evaluieren. Es war ein Versuch», sagte er in der Frühlingssession.
Tatsächlich überprüft die Deza die Projekte bereits – obwohl sie gerade erst begonnen haben. Der Grund dafür ist einfach: Die Resultate der Evaluationen sollen bis Anfang 2019 vorliegen, damit frühzeitig entschieden werden kann, wie es mit den Projekten weitergeht.
Siegfried Gerhard (64), der verantwortliche Deza-Abteilungschef, sagt: «Wir schauen jetzt, wie die Projekte funktionieren.» Noch sei es für ein Fazit zu früh: Man müsse nämlich nicht nur wissen, ob die Kurse durchgeführt würden, sondern auch, ob und wo Absolventen im Anschluss eine Anstellung finden. «Ich bin selber gespannt, ob die Pilotprojekte erfolgreich sein werden».
Cassis studiert noch, ob er nach Eritrea reisen soll
Gerhard selbst war zuletzt im Dezember in Eritrea – als höchster Beamter, den die Schweiz bisher ins Land schickte. Und das wird er wohl bleiben. Denn Cassis ist nicht mehr so sicher, dass er ins Land reisen will.
«Eine Reise nach Eritrea ist im Moment nicht vorgesehen. Der Departementschef hat sich diesbezüglich noch nicht entschieden», so EDA-Sprecher Farago. Dabei hatte Cassis noch im Januar mit einer Reise ans Horn von Afrika geliebäugelt.
Doch mittlerweile ist er auf die offizielle Haltung der Schweiz eingeschwenkt, wonach ein Bundesratsbesuch der diktatorischen Regierung Eritreas in die Hände spielen würde. Man will sich nicht instrumentalisieren lassen.
Eritrea schert sich nicht um die Hilfe
Besserung ist nicht in Sicht, wie eine gut unterrichtete Quelle aus dem EDA sagt. «Die Regierung in Eritrea schert sich nicht um Entwicklungsprojekte der Schweiz. Und sie hat überhaupt kein Interesse an einem Rücknahmeabkommen», so der Experte. Grund: Die geflüchteten Eritreer unterstützen von Europa aus ihre Familien.