Nach Wahl-Flop kündigt sich Rücktritt des SP-Präsidenten an
Wer kommt nach Levrat?

Er ist der amtsälteste Parteipräsident unter der Bundeshauskuppel. Nun zeichnet sich der Rücktritt von Christian Levrat als SP-Chef ab. Wenn er geht: Wer kommt danach?
Publiziert: 22.10.2019 um 23:17 Uhr
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Christian Levrats SP verliert an die Grünen von Regula Rytz (im Hintergrund). Jetzt stellt sich die Präsidentenfrage.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Am 21. Oktober 2007 sackte die SP von 23,3 auf 19,6 Prozent ab. Fünf Tage später gab Parteipräsident Hans-Jürg Fehr (71) seinen Rücktritt auf Frühling 2008 bekannt. Christian Levrat (49) übernahm.

Seit über zehn Jahren führt der heutige Ständerat die SP-Geschicke. Bei den anderen Parteien gaben sich die Präsidenten die Klinke in die Hand. Levrat blieb. Sein strategisches Geschick, seine Nähe zu verschiedenen Bundesräten und seine Erfahrung machten ihn zu einem der einflussreichsten Schweizer Parlamentarier.

Levrat macht sich rar

Dann setzte vor Monaten plötzlich eine Veränderung ein: Levrat schickte immer wieder Vizepräsident Beat Jans (55) oder Vizefraktionschefin Nadine Masshardt (35) vor. Ein klares Zeichen, dass er seinen Abgang auf Frühling 2020 plant.

Und dann der 20. Oktober 2019. Die SP büsst 2 Prozentpunkte ein. Die Genossen verlieren vier Nationalräte. Dank der starken Zuwächse der Grünen ist Levrats erklärtes Ziel, die FDP-SVP-Mehrheit zu brechen, zwar erreicht. Doch die SP selbst steht auf der Verliererseite.

Was nun? Ein Abschied mit Niederlage im Rücken ist unschön. Doch das Frühjahr nach den Wahlen gilt als optimaler Zeitpunkt, um das Präsidium in neue Hände zu geben.

Wer kann SP?

Die Frage ist: Wer kommt danach? Klar ist: Es soll eine Frau werden – vorzugsweise aus der Deutschschweiz, da mit Roger Nordmann (46) ein Romand Fraktionschef ist. Zudem muss die Präsidentin dem Bundesparlament angehören.

In der Pole-Position ist die Berner Nationalrätin und Wahlkampfleiterin von 2019, Nadine Masshardt. Die auch aus Bern stammende Nationalrätin und frühere SP-Generalsekretärin Flavia Wasserfallen (40) drängt sich ebenfalls auf. 

Interesse haben dürfte auch SP-Vize und Nationalrätin Barbara Gysi (55). Nach der Rücktrittsankündigung der St. Galler Regierungsrätin Heidi Hanselmann (58) könnte sie aber in ihrem Heimatkanton die Karriere planen.

Mögliche Ambitionen der Nationalrätin und Co-Präsidentin der Zürcher SP, Priska Seiler Graf (51), dürften mit der Wahlschlappe in ihrem Kanton einen Dämpfer erhalten haben.

Doppelspitze steht zur Diskussion

Da die Zahl möglicher Kandidatinnen bei den Genossen begrenzt ist, macht die Idee einer männlich-weiblichen Doppelspitze die Runde. Hier würde sich der frühere Juso-Präsident und Nationalrat Cédric Wermuth (33) anbieten. Als seine Lieblingspartnerin fürs mögliche Co-Präsidium gilt Nationalrätin Mattea Meyer (31).

Abgewinkt hat Jon Pult (35), der eben erst in den Nationalrat gewählt worden ist. Der einstige Bündner SP-Chef und Präsident der Alpen-Initiative hat klargemacht, dass er einer Genossin den Vortritt lassen will. Das bedauern viele: Der beschlagene Rhetoriker wird schon lange als grosses Talent gehandelt.

Eine Doppelspitze macht nur Sinn, wenn das Duo sich gegenseitig blind vertraut. Ob das bei Wermuth und Meyer der Fall wäre, könnten nur sie selbst sagen. Doch bis Levrat nicht seinen Rücktritt bekannt gegeben hat, äussert sich keiner.

Können statt Kopf

Nur anonym sagt ein Parteimitglied: Es werde die Aufgabe der neuen Parteispitze sein, die Basis abzuholen, sie zu begeistern und die SP-Organisation fitter zu machen. «Und eine Geschichte für die SP der Zukunft zu entwickeln – ein Narrativ.» Nur wer das könne, solle die Partei leiten.

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