SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor ist besorgt: Die vielen Terroranschläge und Amokläufe der letzten Monate in Europa zeigten, dass «die Staaten die Sicherheit ihrer Bürger nicht mehr garantieren können – so auch die Schweiz». Die Bedrohung habe sich verändert, Einzeltäter könnten mit einfachen Mitteln grossen Schaden anrichten.
Der Anwalt fordert eine radikale Massnahme: «Schweizer, bewaffnet euch!» Das Gesetz müsse angepasst werden, damit viele Schweizerinnen und Schweizer sich bewaffnen, sich entsprechend ausbilden lassen – und die Waffe im öffentlichen Raum tragen und im Notfall auch benutzen dürfen. Heute braucht es dazu einen Waffentragschein.
«Bewaffnete Schweizer auf den Strassen können den Terror zwar nicht verhindern, aber durch beherzten Einsatz der Waffe Menschenleben retten und so das Leid lindern», behauptet der Walliser. Mittels Vorstoss plant das Vorstandsmitglied von Pro Tell, der Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, im Bundeshaus aktiv zu werden.
Offenbar denken viele Schweizer ähnlich wie Addor – und rüsten auf. Laut SonntagsBlick ist die Zahl der Gesuche für einen Waffenerwerbsschein 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen. «Immer mehr Frauen kaufen sich eine kleine Pistole fürs Handtäschli, das gibt ihnen ein sicheres Gefühl», sagt Pro-Tell-Präsident Willi Pfund. Nationalrätin Yvette Estermann (SVP/LU) zeigt Verständnis. «Wenn der Staat die Sicherheit seiner Bürger nicht mehr gewährleisten kann, müssen die Bürger selber vorsorgen.»
Ein liberales Waffenrecht wie in den USA ist in der Schweiz jedoch politisch absolut chancenlos. Links der SVP gibt es dafür kaum Unterstützer – und auch in der Volkspartei hagelt es Kritik. «Das Gesetz darf nicht gelockert werden. Wir wollen keinen Wilden Westen in der Schweiz», sagt selbst Nationalrat Walter Wobmann (SO), der harte Massnahmen im Kampf gegen Terror und Islamisierung befürwortet. Dass sich Bürger eine Waffe anschaffen, sei aufgrund der stärker werdenden Bedrohungen nachvollziehbar, sagt SVP-Sicherheitspolitiker Werner Salzmann (BE). «Jedoch erachte ich den persönlichen Waffeneinsatz zur Abwehr solcher Risiken nicht als zielführend.»
Wer in der Schweiz eine Waffe besitzen will, muss bei der Polizei einen Waffenerwerbsschein beantragen. Dazu muss er mindestens 18 Jahre alt und mündig sein. Zudem darf er nicht für sich selbst oder Dritte eine Gefahr darstellen. Keinen Schein gibt es, wenn das Strafregister einen Eintrag wegen gewalttätiger Handlungen oder wiederholt begangener Verbrechen enthält.
Der Besitz des Waffenerwerbsschein bedeutet nicht, dass man die Waffe tragen darf. Dazu braucht es einen Waffentragschein. Den bekommen nur Personen, die nachweisen können, dass sie einer Gefährdung ausgesetzt sind. Sie müssen zudem eine Prüfung bestehen. Wer will, kommt schnell illegal an Waffen. «Heute kann sich jeder eine Waffe im Internet besorgen», sagt Willy Pfund, Präsident von Pro Tell zu BLICK.
Wer in der Schweiz eine Waffe besitzen will, muss bei der Polizei einen Waffenerwerbsschein beantragen. Dazu muss er mindestens 18 Jahre alt und mündig sein. Zudem darf er nicht für sich selbst oder Dritte eine Gefahr darstellen. Keinen Schein gibt es, wenn das Strafregister einen Eintrag wegen gewalttätiger Handlungen oder wiederholt begangener Verbrechen enthält.
Der Besitz des Waffenerwerbsschein bedeutet nicht, dass man die Waffe tragen darf. Dazu braucht es einen Waffentragschein. Den bekommen nur Personen, die nachweisen können, dass sie einer Gefährdung ausgesetzt sind. Sie müssen zudem eine Prüfung bestehen. Wer will, kommt schnell illegal an Waffen. «Heute kann sich jeder eine Waffe im Internet besorgen», sagt Willy Pfund, Präsident von Pro Tell zu BLICK.
Für SP-Sicherheitspolitikerin Chantal Galladé (ZH) ist die Bürgerwehr-Fantasie Addors gar ein «Horror-Szenario». Mehr bewaffnete Bürger hiesse, dass Amokläufe oder Terroranschläge noch blutiger würden. «Unvorstellbar, wenn Passanten wild draufloszuballern begännen. Die Polizei könnte nicht mehr reagieren, weil sie nicht einmal mehr weiss, wer Täter ist und wen sie schützen muss.» Galladé will deshalb die rund zwei Millionen privaten Schusswaffen verbannen: «Die Schweiz wird sicherer, je weniger Schusswaffen in Umlauf sind.»
Diese Meinung ist unter Experten unbestritten. «Um in einer Extremsituation richtig zu reagieren, braucht es intensives und immer wiederkehrendes Training», sagt etwa der Basler Kriminalkommissar Markus Melzl. Ungeübte Waffenträger gefährdeten die Öffentlichkeit mehr, als dass sie ihr nützen würden. Deshalb rät der Experte: «In Deckung gehen oder im Zickzack davonrennen statt zurückschiessen.»