Nach Sturz von «Boomerang Bob» in St. Moritz
Totes Pferd wird Fall für den Bundesrat

Noch auf der Strecke wurde der achtjährige Boomerang Bob eingeschläfert. Jetzt fordert Nationalrätin Martina Munz Aufklärung über den Vorfall am White Turf.
Publiziert: 19.03.2017 um 12:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:38 Uhr
Am 26. Februar ereignete sich der White-Turf-Unfall. Das Pferd Boomerang Bob musste eingeschläfert werden. Sein Jockey George Baker kam ins Spital.
Roland Gamp

Lange liegt Holidayend (5) in Führung. Doch 150 Meter vor dem Ziel stürzt der Hengst und bringt zwei weitere Tiere zu Fall. Besonders hart schlägt der achtjährige Boomerang Bob auf. Sein Jockey George Baker (34) kommt sofort ins Spital. Für das Pferd können die Tierärzte nichts mehr tun. Sie schläfern es noch auf dem St. Moritzersee ein (BLICK berichtete).

Thomas C. Walther (48), Vorstandspräsident des Rennvereins St. Moritz, spricht von einem «tragischen Unfall». Direkt nach dem Rennen vom 26. Februar hätten die Verantwortlichen die Situation eingehend analysiert. «Die Untersuchungen ergaben, dass sich ein Riss im Eis gebildet hatte. Dadurch stieg Wasser nach oben und sorgte für eine Unterspülung des Geläufs.» Ein unabhängiges Expertenteam suche nun nach den genauen Ursachen.

Planen schirmen die Unfallstelle in St. Moritz ab.
Foto: Keystone

Tierschutzkonformen Sport garantieren

Klarheit will auch Martina Munz (SP, SH, 61). Am Donnerstag reichte die Nationalrätin einen Vorstoss ein. Der Bundesrat soll klären, ob der Unfall vermeidbar gewesen wäre. «Jedes Jahr werden sehr viele Veranstaltungen durchgeführt», schreibt Munz. «Leider aus finanziellen und Prestigegründen auch bei grenzwertigen Wetter- und Bahnbedingungen.»

Nationalrätin Martina Munz (SP, SH).
Foto: Keystone/Gaetan Bally

Deshalb soll der Bundesrat auch untersuchen, ob die aktuellen Vorschriften reichen, um einen tierschutzkonformen Sport zu garantieren. Und zudem abklären, wie viele Pferde sich in den letzten Jahren bei Rennen oder im Training verletzten.

Denn Zahlen zum Thema sind rar. Laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung verletzen sich jährlich rund 8000 Reiter. «Die Situation der Pferde selbst ist leider nicht erfasst», so Hansuli Huber (61), Geschäftsführer des Schweizer Tierschutz. Er fragte schon vor Jahren beim Schweizerischen Pferderennsport-Verband (SPV) nach, der bei Rennen jeden Unfall rapportiert. «Aber dort weigerte man sich, diese Informationen herauszugeben.»

Oft seien die Tiere zu jung

SPV-Präsident Jean-Pierre Kratzer (68) entgegnet: «Diese Rapporte enthalten sensible Daten über die Pferde und gehören nicht an die Öffentlichkeit.» Gegenüber SonntagsBlick gibt er aber die Zahl verstorbener Tiere an. Von 2011 bis 2016 wurden zwölf Tiere noch auf der Strecke eingeschläfert, 13 weitere innerhalb 48 Stunden nach dem Rennen.

«Insgesamt traten während dieser Periode 4375 Pferde zu 25'463 Starts an. Im Verhältnis müssen also nur sehr wenige Tiere eingeschläfert werden», so Kratzer. Er betont, dass die Auflagen für Rennen schon heute sehr strikt sind. «Veranstaltungen werden nur durchgeführt, wenn die Bedingungen für Reiter und Pferd sicher sind.»

Nadia Knöpfel (36) arbeitete lange in einem Stall mit Wettkampfpferden. Oft stünden Tiere im Einsatz, die noch keine zwei Jahre alt seien. «Der Muskel- und Skelettaufbau bei solch jungen Pferden ist noch nicht stabil genug, um den Belastungen standzuhalten», sagt sie.

Interessant wären deshalb auch Zahlen darüber, wie viele Pferde sich im Training Verletzungen zuzögen. «Und, was mit ihnen danach geschieht.» Heute nimmt Knöpfel auf einem Hof ehemalige Rennpferde auf. «Damit sie ihren Lebensabend pferdegerecht geniessen können und in Ruhe alt werden dürfen.»

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