In den vergangenen fünf Jahren seien im Kanton Uri 106 Fälle sexualisierter Gewalt gemeldet worden, wie SP-Landrätin Chiara Gisler in der Interpellation schrieb. Eine Umfrage der «Gesellschaft zur Förderung der praktischen Sozialforschung» hätte gezeigt, dass schweizweit nur 8 Prozent der Übergriffe angezeigt würden.
Als Grund nennt die Interpellantin Angst, Scham und mangelndes Vertrauen in die Polizei und Justiz. Oftmals komme es auch zu sehr milden Strafurteilen, oder dem Opfer werde eine Mitschuld an der Tat gegeben.
Deshalb schlug sie der Regierung vor, das Berner Modell im Kanton Uri zu adaptieren. Dieses beinhaltet eine Betreuung durch weibliche Fachpersonen, eine institutionalisierte Zusammenarbeit und eine medizinische Versorgung und Spurensicherung ohne Anzeigepflicht. Betroffene können sich untersuchen lassen, ohne dass sie direkt Anzeige erstatten müssen. Die Beweismaterialien werden 15 Jahre lang aufbewahrt.
Der Regierungsrat erachte das Anliegen als sinnvoll, wie dieser in seiner Antwort schreibt. Für denkbar hält er beispielsweise eine Lösung, wie sie das Universitätsspital Zürich anbietet. Es verwendet vom Institut für Rechtsmedizin (IRM) konzipierte Untersuchungsboxen, mit denen alle notwendigen Spuren gerichtsverwertbar gesichert werden können. Anschliessend würden diese vom IRM aufbewahrt.
Die besagte Box werde bereits heute im Kantonsspital Uri verwendet, jedoch sei die Polizei jeweils anwesend. Damit künftig auf eine Anzeigepflicht verzichtet werden könne, werde eine Gesetzesanpassung notwendig, so der Regierungsrat.
Das Gesundheitspersonal untersteht nach heutigem Gesetz einer Meldepflicht bei Wahrnehmungen, welche ein Vergehen gegen die sexuelle Integrität von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren schliessen lassen. Auch bei Erwachsenen darf das Personal ohne deren Zustimmung die Strafverfolgungsbehörden informieren. Damit eine Spurensicherung ohne Anzeigepflicht möglich werden könne, müsse das Gesetz geändert werden.
Weiter müsste die Bereitschaft des Kantonsspitals die Spurensicherung eigenständig durchzuführen, geprüft werden, erklärte der Regierungsrat weiter. Auch müsse geklärt werden, wer die Leistungen des Spitals entschädige, da keine Kostenübernahme durch die Sozialversicherungen bestünden.
Landrätin Chiara Gisler zeigte sich an der Dezember-Session zufrieden mit den Antworten der Regierung. (SDA)