Nach Parteiaustritt Mario Fehrs
Flügelkämpfe bringen die SP ins Flattern

Dass Regierungsrat Mario Fehr seiner SP den Rücken kehrt, stört wenige in der Partei. Aber der Austritt fördert einen schon länger schwelenden Konflikt in der Partei zutage: Die Jusofizierung der SP.
Publiziert: 19.06.2021 um 15:39 Uhr
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Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr gab am Freitag bekannt, dass er aus der SP austrete. Dies, weil «die nach links abdriftende Partei» seine Arbeit immer mehr erschwert habe.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Freiheit sei auch die Freiheit der Andersdenkenden, sagte die Marxistin Rosa Luxemburg einst. In der SP allerdings schwelt derzeit ein Konflikt um die Deutungshoheit. Nach dem Austritt Mario Fehrs (62) wegen Differenzen wollen sich viele frühere und amtierende Jusos nicht zum Konflikt in der Presse äussern. Auf Twitter freuen sie sich.

Konfliktfähig ist die junge Garde, die bei den Sozialdemokraten das Zepter innehat, nicht. Gern redet man aber über die Fehler anderer. Diese Haltung befremdet SP-Mitglieder. Für Nationalrat Eric Nussbaumer (60) hat Mario Fehr einen Punkt, wenn dieser anspreche, es gehe bei den Genossen mehr um Kampagne als um Inhalte. «Die Tendenz gibt es – nicht nur in unserer Partei.» Es sei schon so, dass in der SP die Gefässe fehlten, um verschiedenen Ansichten Raum zu geben. «Es gibt fast nur noch den Showdown bei den Delegiertenversammlungen.» Da gehe es darum, wer gewinne und wer aufs Dach bekomme.

Meinungsfreiheit wichtiger

Die fehlende Debatte bemängeln verschiedene SP-Mitglieder. Nussbaumer, der dem sozialliberalen Rand der Sozialdemokraten zuzurechnen ist, sagt gar: «Ich setze mich dafür ein, dass auch jemand als richtiges Parteimitglied zählt, wenn er oder sie die Meinung der bestimmenden Mehrheit nicht teilt.» Meinungsfreiheit sei höher zu gewichten als erzwungene Einheit.

Anders argumentiert Ex-Juso-Präsident und Nationalrat Fabian Molina (30): Es habe in der SP schon immer einen Generationenwechsel gegeben. «Daraus ein Problem zu konstruieren, ist sicher falsch.»

Der Bieler SP-Stadtpräsident Erich Fehr (52) sieht sich in der Pflicht, zu sagen: Auch wer die Ansichten der Gewerkschaften und der Juso nicht immer teile, sei ein genauso guter Sozialdemokrat wie jener, der sich stets für die Anliegen der Arbeitnehmenden und der Jungsozialisten starkmache.

Jositsch sieht keinen Konflikt

Der Bieler Fehr ist Präsident der «Reformplattform. Sozialliberal in der SP Schweiz». Diese gründet sich just diesen Samstag. Die Plattform ist eine Antwort auf die «Überwindung des Kapitalismus», die die SP anstrebt. Die Überwindung möge für etliche ein Fernziel sein, «für viele, die in der Verantwortung in den Kantonen und Gemeinden stehen, braucht es aber Pragmatismus und Kompromissbereitschaft», sagt der Stapi.

Anders als dieser sieht Ständerat Daniel Jositsch (56) keinen Konflikt. Auch er spielt eine Rolle im Reformflügel. Jositsch legt hingegen Wert darauf, die Gründung finde im Beisein von SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (33) statt. «Das zeigt doch, dass alle Meinungen wertgeschätzt werden», findet er. Diese Meinung teilen in der SP aber nicht alle.

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