Das erhofft sich Erdogan vom Einmarsch
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Militäroffensive in Syrien:Das erhofft sich Erdogan vom Einmarsch

Nach Militär-Offensive in Syrien
Es droht ein militärischer Flächenbrand

Der Einmarsch türkischer Truppen hat eine neue Runde im Syrienkrieg ausgelöst. SonntagsBlick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 13.10.2019 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2020 um 16:49 Uhr
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Einigen sich auf Waffenstillstand: Erdogan und Putin.
Foto: Getty Images
Johannes von Dohnanyi

Alle aktuellen Ereignisse zu der Türkei-Offensive in Syrien gibt es immer im Newsticker.

Am Mittwoch drangen türkische Truppen in den Nordosten Syriens ein. Worum geht es bei der «Operation Friedensquell»?

Kurz gesagt geht es um ethnische Säuberung im grossen Stil. Die syrisch-kurdische YPG-Miliz soll um mindestens 30 Kilometer von der Grenze zurückgedrängt werden. Diese Pufferzone will Erdogan dann mit mindestens einer Million arabischstämmiger Flüchtlinge besiedeln. Sie sollen die Türkei vor der YPG schützen, die in Ankara als bewaffneter Arm der kurdischen Terrororganisation PKK gilt.

Warum droht Präsident Erdogan Europa mit einer neuen Flüchtlingswelle?

Erdogan will die Europäer erpressen. Er sagt: Entweder akzeptiert Brüssel meine Syrienpolitik, oder ich schicke 3,6 Millionen Flüchtlinge nach Europa. Erdogans Reaktion zeigt, wie sehr er zu Hause unter Druck steht. Zu schaffen macht ihm insbesondere die türkische Wirtschaftskrise.

Wie gross ist Erdogans Erpressungs­potenzial?

Es gibt das 2016 geschlossene Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei. Von den versprochenen sechs Milliarden Euro hat Ankara bereits 5,6 Milliarden erhalten. Aber die EU wird der Türkei in Syrien nicht helfen. Auch der Schweizer Bundesrat hat die Invasion verurteilt. Aber dass die EU seit drei Jahren ergebnislos über eine gemeinsame und solidarische Flüchtlings­politik streitet – das spielt Erdogan in die Hände.

Wie viele Syrer sind überhaupt auf der Flucht?

Zu Beginn des Bürgerkriegs vor bald neun Jahren lebten 21 Millionen Menschen in Syrien. Sechs Millionen sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Genauso viele flohen ins Ausland: 3,6 Millionen in die Türkei, 915'000 in den Libanon, etwa 670'000 nach Jordanien.

Und nach Europa?

Seit 2015 kamen etwa eine Million Syrer in die EU. 770'000 von ihnen sind in Deutschland. In der Schweiz wurden in den ersten acht Monaten dieses Jahres nur noch 99 syrische Asylanträge registriert. Aber das könnte sich angesichts der jüngsten Ereignisse schnell ändern. Und wenn die YPG die Lager mit mehreren Zehntausend Gefangenen des Islamischen Staats nicht mehr kontrolliert, könnten mit den Flüchtlingen auch IS-Terroristen nach Europa kommen.

Welche Folgen hätte das für die Schweiz?

Bundesrätin Karin Keller-­Sutter verlieh gestern im Interview mit BLICK ihrer Hoffnung Ausdruck, dass Erdogan den Flüchtlingsdeal nicht aufkündigt. Gleichzeitig setzte sie sich für eine Reform der Dublin-Regeln und für mehr Hilfe an Griechenland ein. Im Fall einer neuen Migrationswelle könnten laut dem Staatssekretariat für Migration die stillgelegten Bundesasylzentren innert weniger Wochen reaktiviert werden.

Warum kocht die Krise gerade jetzt hoch?

Vor einer Woche befahl Donald Trump überraschend den Abzug der US-Truppen aus der Region, gab damit grünes Licht für diese türkische Offensive. Die YPG war entscheidend für den militärischen Erfolg gegen den IS. Mit dem Abzug aus Syrien wollte Trump von dem drohenden Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ablenken. Zugleich «bestraft» er die Europäer für ihre angebliche Zurückhaltung im Kampf gegen den IS. Und dafür, dass sie zögern, ihre gefangenen IS-Kämpfer zurückzunehmen.

Was passiert als Nächstes?

Im Nordosten Syriens sind schon mehr als 100'000 Menschen auf der Flucht. Krankenhäuser und Wohngebiete werden beschossen. Auf beiden Seiten hat es Tote gegeben. Aber auf Dauer hat die YPG nur als Guerillatruppe eine Chance. Damit drohen nicht nur Attentate auf türkische Stützpunkte in Syrien und im Nordirak, sondern auch auf türkische Städte.

Und dann?

Jetzt möchte Trump auf einmal zwischen den Kurden und der Türkei vermitteln. Doch dafür ist es wohl zu spät. Den Einfluss der USA in der Region hat er leichtfertig verspielt. Ob Erdogans Invasion von den syrischen Schutzmächten Russland und Iran toleriert wird, steht in den Sternen. Wenn nicht, dann droht im Mittleren Osten ein militärischer Flächenbrand.

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