Damit hat der Vorstand an einer ausserordentlichen Vorstandssitzung ausgerechnet den Mann zum Präsidenten gewählt, dem die zurückgetretene Führungscrew die Schuld an der Krise bei Green Cross International (GCI) gibt.
Die Umweltschutzorganisation ist derzeit nicht in der Lage, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Die Schuld dafür gibt die NGO der Schweizer Sektion unter der Führung von Bäumle. Auf ihrer Webseite warf GCI vergangene Woche Green Cross Schweiz vor, ihren Mitgliederbeitrag Ende 2016 nicht zu überwiesen und damit die Organisation in eine finanzielle Krise gestürzt zu haben.
Obwohl Bäumle volle Einsicht in die Finanzbücher erhalten habe, halte die Schweizer Sektion einen Teil ihres Mitgliederbeitrags zurück, um GCI zu übernehmen, hiess es auf der GCI-Webseite. Auch stünden aus Polen und den USA Millionenspenden aus.
Gorbatschow trat aus Protest zurück
Aus Protest traten Michail Gorbatschow, der Gründer der Organisation und ehemaliger Präsident der Sowjetunion, der aktuelle Präsident Jean-Jacques Cousteau und der Finanzchef aus dem Vorstand der Organisation zurück (BLICK berichtete). Am Dienstag reichte auch der Vizepräsident von GCI, der ehemalige Genfer Stadtpräsident Pierre Muller, seinen Rücktritt per Ende Mai ein, wie er der Nachrichtenagentur sda sagte.
Die Vorwürfe an die Adresse Bäumles und die Informationen zu ausstehenden Zahlungen wurden über das Wochenende von der Webseite von GCI gelöscht. Laut Bäumle war dies ein Entscheid des Vorstands. Die Informationen seien Internas gewesen, die nicht auf der Webseite hätten publiziert werden sollen, sagte er am Dienstag der sda.
Die Vorwürfe an seine Adresse hatte er zuvor schon gekontert: Mitgliedszahlung müssten gemäss schriftlicher Vereinbarung in Green-Cross-Projekte fliessen und dürften nicht anderweitig verwendet werden. «Leider zeigen die uns vorliegenden Zahlen von GCI Liquiditätsprobleme und erfordern dringende Sanierungsmassnahmen», wird Bäumle in einer Mitteilung von vergangener Woche zitiert.
Bäumle leitet Sanierungs-Task-Force
Am vergangenen Freitag wurde Bäumle nun vom GCI-Vorstand zum interimistischen Vorsitzenden gewählt, wie Green Cross Schweiz am Dienstag mitteilte. Unter seiner Leitung soll eine Task-Force ebendiese finanzielle Sanierung in Angriff nehmen und die Generalversammlung vom Herbst vorbereiten.
Seine Wahl sei nicht von langer Hand geplant gewesen, sagte Bäumle der sda. Es sei aber auf der Hand gelegen, dass die finanzstärkste Sektion die Verantwortung in dieser schwierigen Situation übernehme. «Es ist die Lösung, die die zielführendste ist.»
Länger als bis im Herbst zur Generalversammlung will Bäumle nicht amtieren. Er habe keine Ambitionen, regulärer GCI-Präsident zu werden. «Ich will die Organisation auf der Basis der Gründeridee wieder auf die Füsse stellen.»
Bäumle nennt sich «Gorbi-Fan»
Er bedaure es sehr, dass Gründerpräsident Michail Gorbatschow die Organisation verlassen habe «und mich als Problem sieht», sagte Bäumle weiter. Er sei ein grosser «Gorbi-Fan» und deshalb auch bei Green Cross engagiert. Der Vorstand habe beschlossen, das Gespräch mit Gorbatschow zu suchen.
Vorrang habe aber die Sanierung der Organisation. Bäumle will die administrativen Kosten senken und bei den Büro- und Personalkosten anfangen. Dafür seien auch Entlassungen notwendig, heisst es in der Mitteilung. Die Überschuldung soll bis 2018 abgebaut werden. Ab 2019 sollen wieder zusätzliche Projekte von nationalen Green-Cross-Organisationen unterstützt werden können.
Zu Zahlen will Bäumle keine Stellung nehmen. Die möglicherweise ausstehenden Millionenzahlungen aus Polen und den USA kommentierte er nicht. Ihm liege einzig ein provisorischer Rechnungsabschluss vor. Daraus gehe hervor, dass das Organisationskapital im Minus sei.
Gemäss Mitteilung beträgt es minus 1,7 Millionen Franken. Bäumle kritisiert, dass die Rechnungslegung in der Vergangenheit nicht transparent gewesen sei. Es seien keine Details erhältlich gewesen. Nun müsse er das Ganze nachvollziehen, bevor er etwas dazu sagen könne.
Klar ist einzig, dass aufgrund der «misslichen Finanzlage» das Geschäftsgebaren der bisherigen Finanzverantwortlichen von GCI einer genauen Prüfung unterzogen werden, wie es in der Mitteilung heisst. Es könne nicht ausgeschlossen werden, «dass Gelder aus zweckbestimmten Fonds für die Deckung der Administrationskosten von GCI verwendet wurden». (SDA)