Der jüngste Dopingskandal der Schweiz beschäftigt das Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport gleich doppelt, wie der SonntagsBlick berichtet. Ein Berner Arzt, der Doping verschrieben und in Russland entwickelte Mittel an Patienten getestet haben soll, betreute Athleten in der Spitzensport-RS in Magglingen BE sowie im Winter-Militärsportkurs in Andermatt UR.
Zudem war der mutmassliche Doping-Arzt David M.* im Auftrag einer Ärztefirma bei Zwangsausschaffungen dabei. Ob er auch dort Medikamente abgab, dafür gibt es bislang keine Nachweise.
Der Dopingskandal sorgt in der Politik für Aufsehen. Einerseits bei Sicherheitspolitikern, die den Ball noch tief halten. Dies, weil die Berner Staatsanwaltschaft ein Verfahren eröffnet hat und die Unschuldsvermutung gilt. «Die Armeeführung hat bisher richtig und angemessen reagiert, indem sie die Zusammenarbeit mit David M. ausgesetzt hat», sagt etwa FDP-Ständerat Josef Dittli (60), Präsident der ständerätlichen Sicherheitskommission (SiK).
Gesundheitspolitiker möchten Doping-Ärzten das Handwerk legen
Doch der Fall ruft auch die Sportfans unter den Politikern auf den Plan: «Einmal mehr zeigt sich, dass Dopingbekämpfung ein Kampf gegen Windmühlen ist», ärgert sich Beat Arnold (SVP, 39), Mitglied der nationalrätlichen SiK. Der Urner Mentalcoach und Präsident des Nati-B-Handballklubs KTV Altdorf möchte den Ärzten das Handwerk legen, die es sich zum spannenden Spiel machen, den Anti-Doping-Kontrolleuren stets einen Schritt voraus zu sein.
Arnold weiss: Die Legalisierung des Dopings wäre der radikale, aber kein zielführender Weg. «Auch so kämen junge Sportler immer wieder in Versuchung, weil unsere Gesellschaft auf sportliche Erfolge und Rekorde erpicht ist.» Da bringe mehr Prävention nichts.
Ärzte wollen sich nicht kontrollieren lassen
Bleibt der politische Hebel bei den Ärzten und der Transparenz ihrer Arbeit. Das sieht auch die CVP-Gesundheitspolitikerin und Orientierungsläuferin Ruth Humbel (60) so. «Die Ärzte wehrten sich als einzige der Dienstleister im Gesundheitswesen gegen das elektronische Patientendossier», sagt die Aargauer Nationalrätin.
Das elektronische Patientendossier ist ab 2020 obligatorisch für Spitäler und ab 2022 für Heime. Die Ärzteschaft hatte sich erfolgreich gegen eine Verpflichtung gewehrt, indem sie mit einem Referendum drohte und das Horrorszenario des «gläsernen Patienten» an die Wand malte.
Humbel betont, dass Krankenkassen keine Einsicht hätten. «In den elektronischen Dossiers müssten Ärzte jedoch konkret angeben, wem sie was abgegeben haben. Betrügerische Machenschaften gegen das Heilmittelgesetz oder das Sportförderungsgesetz würden so nachweisbar.»
Bundesrat prüft mehr Transparenz
Ob diese politische Diskussion ins Rollen kommt, hängt davon ab, was der Bundesrat vorhat. Er will sich bald mit den 38 Massnahmen beschäftigen, die ein Expertenbericht zur Kostensenkung im Gesundheitswesen vorschlägt. «Eine davon betrifft mehr Transparenz bei der Datenerfassung», weiss Humbel. Eine Idee, wie sich zusätzlich politischer Druck erzeugen liesse, hat sie auch: «Ein Dopingopfer müsste jetzt die Energie haben, eine #MeToo-Plattform aufzubauen.»
*Name der Redaktion bekannt