Nach der Bundesrats-Wahl werfen sie Levrat & Co. Heuchelei vor
SP-Frauen sauer

Lauthals fordert die SP mehr Frauen im Bundesrat. Trotzdem servierten die Genossen FDP-Kandidatin Isabelle Moret eiskalt ab. Die SP-Granden verrechneten sich dabei gleich doppelt. Nun ist Feuer im Dach.
Publiziert: 21.09.2017 um 23:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:20 Uhr
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FDP-Kandidatin Isabelle Moret (46) wurde von der SP eiskalt abserviert.
Foto: Key
Ruedi Studer

Politik besteht nicht selten aus purer Heuchelei. Ein Lehrstück lieferte am Tag der Bundesratswahl die SP: «Sehr bedauerlich ist, dass die Untervertretung der Frauen im Bundesrat fortdauert», klagte die selbsternannte Gleichstellungspartei in ihrem Communiqué. Und dies kaum eine Stunde, nachdem sie die einzige FDP-Kandidatin, Isabelle Moret (46, VD), eiskalt abserviert hatte.

SP-Strategen verrechneten sich doppelt

Nur gerade 28 Stimmen erhielt Moret im zweiten Wahlgang – die SP-Fraktion zählt 55 Stimmen. Unter dem Strich hielten also nur etwa zehn bis 15 Sozialdemokraten der Frau die Stange. Die grosse Mehrheit liess sie zugunsten des Genfers Pierre Maudet (39) fallen. Der Tessiner Ignazio Cassis (56) wurde trotzdem gewählt.

Die SP-Strategen um Parteiboss Christian Levrat (47, FR) und Fraktionschef Roger Nordmann (44, VD) verrechneten sich dabei gleich doppelt. Erstens verfehlten sie ihr Hauptziel deutlich, die Cassis-Wahl zu verhindern. Zweitens hat die SP in Sachen Gleichstellungspolitik massiv an Glaubwürdigkeit verloren.

Doch es ist nicht das erste SP-Trauerspiel in der Frauenfrage. 2010 versenkte sie FDP-Frau Karin Keller-Sutter (53, SG) und im Jahr 2000 SVP-Kandidatin Rita Fuhrer (64, ZH).

Feuer im Dach

Nach der gescheiterten Maudet-Strategie der SP-Granden ist nun Feuer im Dach. Besonders bei einigen SP-Frauen ist der Unmut gross. Zum Beispiel bei Nationalrätin Chantal Galladé (44, ZH). Nach der Bundesratswahl steuerte sie flugs ein Fitnessstudio an, um ihren Frust über das Frauendebakel wegzustrampeln.

Ihr Ärger war gestern trotzdem noch nicht verflogen. «Ich verstehe nicht, dass wir nicht konsequent auf die Frau gesetzt haben», sagt Galladé zu BLICK. «Gerade als SP müssen wir in der Gleichstellungspolitik Rückgrat beweisen – auch wenn es eine andere Partei betrifft.»

Auch SP-Ständerätin Anita Fetz (60, BS) zeigt sich enttäuscht. «Offenbar müssen die Frauen immer noch doppelt so hohen Anforderungen genügen, um eine Chance zu haben, selbst in der SP», sagt sie. «Die Emanzipation ist aber erst erreicht, wenn auch Frauen das Recht auf Durchschnittlichkeit haben. Mittelmässige Bundesräte haben wir nämlich schon viele erlebt.» 

Für Nationalrätin Min Li Marti (43, ZH) ist klar: «Es war ein Fehler, dass die SP Moret nicht unterstützt hat.» Wenn man eine angemessene Vertretung der Frauen erreichen wolle, müsse man auch die Frauen anderer Parteien unterstützen. «Offenbar sind die Ansprüche an die Frauen auch in der SP höher als an die Männer. Leider findet sich selbst bei gewissen SP-Vertretern immer ein Grund, eine Frau nicht zu wählen.»

«Es gibt 100 Ausreden»

Hört man sich in der SP um, gibt es allerlei Erklärungen, weshalb man nicht konsequent auf Moret setzen mochte. So gab es SP-Politiker, die daran glaubten, mit Maudet Cassis verhindern zu können. Oder jene, die aus machtpolitischen Gründen auf Maudet als SP-näheren Politiker setzten.

Dann gibt es jene Taktiker, welche potenziellen eigenen Kandidaten wie der Waadtländer Ständerätin Géraldine Savary (48, VD) den Weg in den Bundesrat nicht verbauen wollten und deshalb die Waadtländerin Moret abschossen. Oder dann jene, die dem Tessiner Anspruch und damit Cassis den Vorzug gaben.

«Es gibt 100 Ausreden – und ich habe sie alle gehört», sagt Grünen-Nationalrätin Maya Graf (55, BL). Ihre Partei sprach sich als einzige offiziell für Moret aus. Von der SP ist sie enttäuscht. «Man kann nicht Gleichstellung und Frauenquoten fordern und am Tag X den Tatbeweis nicht erbringen.»

CVP will jetzt Frauen fördern

Bern – Isabelle Moret (46) hat das Rennen um die Nachfolge von Didier Burkhalter (57) sang- und klanglos verloren. Mit Nachdruck fordern nun die FDP-Frauen bei der nächsten FDP-Vakanz eine Frauen-Doppelkandidatur (BLICK berichtete). Auch CVP-Frauen-Präsidentin Babette Sigg sieht das so: «Die FDP hat bei der jetzigen Vakanz zu spät über die Frauenfrage diskutiert. Bei der nächsten

Vakanz steht der Freisinn in der Pflicht.» Und nach der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard verlangen die CVP-Frauen, dass für ihre Nachfolge mindestens eine Frau auf dem Ticket stehe. «Das Potenzial für Frauenkandidaturen ist gross in der CVP.» Ganz allgemein wolle man Frauen in der Partei fördern. «Im November halten wir eine Strategiesitzung ab. Wir werden ein Vierjahreskonzept erarbeiten, wie wir mehr Frauen für politische Ämter motivieren und aufbauen können», sagt Sigg.

Bern – Isabelle Moret (46) hat das Rennen um die Nachfolge von Didier Burkhalter (57) sang- und klanglos verloren. Mit Nachdruck fordern nun die FDP-Frauen bei der nächsten FDP-Vakanz eine Frauen-Doppelkandidatur (BLICK berichtete). Auch CVP-Frauen-Präsidentin Babette Sigg sieht das so: «Die FDP hat bei der jetzigen Vakanz zu spät über die Frauenfrage diskutiert. Bei der nächsten

Vakanz steht der Freisinn in der Pflicht.» Und nach der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard verlangen die CVP-Frauen, dass für ihre Nachfolge mindestens eine Frau auf dem Ticket stehe. «Das Potenzial für Frauenkandidaturen ist gross in der CVP.» Ganz allgemein wolle man Frauen in der Partei fördern. «Im November halten wir eine Strategiesitzung ab. Wir werden ein Vierjahreskonzept erarbeiten, wie wir mehr Frauen für politische Ämter motivieren und aufbauen können», sagt Sigg.

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