Nach dem schlechten Abschneiden der SP bei den Wahlen liess sich die Debatte nicht länger aufschieben: Diese Woche gab Parteipräsident Christian Levrat im BLICK seinen Rücktritt per April 2020 bekannt.
Gemäss Parteilogik wäre jetzt eine Frau aus der Deutschschweiz an der Reihe. An möglichen Kandidatinnen mangelt es nicht. Genannt werden die Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen (40, BE), Min Li Marti (45, ZH) oder Mattea Meyer (32, ZH). Doch keine von ihnen will sich festlegen, ob für sie eine Kandidatur in Frage kommt. Einzig Nationalrätin Barbara Gysi (SG) wagt sich aus der Deckung. Allerdings steht sie mit 55 Jahren kaum für den Generationenwechsel, den viele Mitglieder jetzt einfordern.
Offen ist auch, ob am Ende eine Frau ganz allein an der Spitze der SP steht. Denkbar wäre auch ein Co-Präsidium. Diese Lösung käme insbesondere männlichen Interessenten entgegen. Zu nennen ist in erster Linie Cédric Wermuth (33, AG). Zwar will sich der frühere Juso-Chef zu einer allfälligen Kandidatur momentan nicht äussern, doch gilt sein Interesse am Präsidentenamt als ausgemacht.
Zweisprachiges Co-Präsidium?
Weniger Zurückhaltung zeigt Nationalrat Mathias Reynard (32). Dem Walliser wäre vor zwei Wochen im konservativen Bergkanton beinahe die Sensation gelungen, der CVP den zweiten Ständeratssitz wegzuschnappen. Reynards Forderung: «Bei einem Co-Präsidium muss einer der beiden Kandidaten aus der Romandie kommen.» Die Partei habe in der Westschweiz eine starke Stellung, im Wallis gar um rund zwei Prozentpunkte zugelegt. Dies solle sich in der Parteileitung widerspiegeln.
Reynard hat auch schon eine Idee, wer als Westschweizer Vertreter in Frage käme: er selbst. «Ich kann mir eine Kandidatur gut vorstellen – zusammen mit einer Kandidatin aus der Deutschschweiz», so der Romand. Reynard betont: Allein werde er nicht antreten. Aber die Ständeratswahlen im Wallis hätten die Ausgangslage verändert, ebenso die Tatsache, dass sich viele Parteimitglieder für ein Co-Präsidium offen zeigten. «Seit den Wahlen habe ich unzählige Anrufe von Parlamentariern aus der Romandie bekommen, die mich zu einer Kandidatur ermutigt haben», erwähnt er.
Unter Westschweizer Sozialdemokraten dürfte Reynards Kandidatur auf Sympathien stossen. Support erhält der Walliser auch von SP-Vizepräsident Beat Jans (55, BS). Er halte es für «keine schlechte Idee», wenn bei einer Doppelspitze einer der beiden Präsidenten aus der Romandie stamme, sagt Jans.
Gesucht: eine integrative Persönlichkeit
Andere Deutschschweizer dagegen winken ab: Die ausgeglichene sprachregionale Vertretung sei für ihn «kein Muss», meint der designierte Bündner Nationalrat Jon Pult (35, GR). Die Zürcher Nationalrätin Min Li Marti warnt indessen davor, die Kandidatensuche in dieser ersten Phase allzu stark einzuschränken. «Jetzt geht es vor allem darum zu sehen, wer Interesse hat.»
Was aber müsste eine künftige Präsidentin mitbringen? In einem sind sich die meisten SP-Politiker einig: Die ideologische Orientierung der Kandidierenden ist zweitrangig. Entscheidender sei eine «integrative Persönlichkeit».
«Als Präsidentin muss man den einzelnen Mitgliedern Raum geben und auch mal abweichende Meinungen tolerieren», sagt Marti. Und Parteikollege Pult ergänzt: «Wichtig ist, dass die Kandidaten eine Idee haben, wie die Partei spannender für progressive Menschen werden kann.»
Das Nachwuchsproblem der SP
Seiner Meinung nach sollte die künftige Präsidentin den Fokus vermehrt auf die Zivilgesellschaft legen statt auf das Taktieren im Parlament. «Wir müssen uns fragen: Wie können wir die Verankerung der SP in der Gesellschaft verbessern?», so Pult. Einfach den Gang in die Mitte oder einen Linksrutsch zu fordern, wie es SP-Ständerat Daniel Jositsch beziehungsweise die Juso täten, reiche nicht.
«Gerade die Juso muss sich überlegen, wie wir junge Leute besser an die SP binden können», sagt Pult mit einem Seitenhieb auf die Jungsozialisten. «Die Nachwahlbefragungen zeigen, dass wir da Defizite haben.»
Unzählige Male sind sie in der politischen Arena aufeinandergeprallt: SP-Präsident Christian Levrat (49) und seine bürgerlichen Pendants, Petra Gössi (43, FDP) und Albert Rösti (52, SVP). Anfang Woche hat Levrat im BLICK angekündigt, dass er im April die Führung der Genossen abgibt.
Und für einmal schlägt die politische Konkurrenz versöhnliche Töne an. «Als ich das Präsidium der FDP übernahm, hatte ich einen gewissen Respekt vor dem Umgang mit ihm. Ein Präsident, der seit Jahren seine Partei führt und noch dazu im Ständerat sitzt, machte mir Eindruck», erinnert sich die Freisinnige Gössi.
Respekt vor Levrat habe sie auch heute noch, aber in einem positiven Sinn: «Ich kann sagen, ich vertraue ihm. Was er versprochen hat, hat er gehalten. Und ja, er wird mir fehlen.» Der Freiburger Ständerat könne etwas, das nicht allen in Bern gelinge: «Christian Levrat unterscheidet zwischen der politischen Auseinandersetzung, die hart geführt wird, und Gesprächen abseits der Medien. Bei diesen Gelegenheiten haben wir uns sehr gut verstanden, allen inhaltlichen Differenzen zum Trotz.»
Diese Differenzen waren gross. Geradezu riesig waren sie zwischen den beiden Polen des politischen Spektrums, der SP und der SVP. So kann sich denn auch Rösti einen Seitenhieb nicht verkneifen. Als SP-Präsident habe Levrat auch die «Extrempositionen der SP» verantwortet, wie die Forderung nach einem EU-Beitritt oder die Überwindung des Kapitalismus.
«Ich habe nie begriffen, dass er diesen für die Schweiz desaströsen Weg nicht in Frage gestellt hat, war er doch im Tagesgeschäft oft auch pragmatisch unterwegs», so der SVP-Chef. Aber auch Rösti betont: «Persönlich sind wir einander stets mit Respekt begegnet.» Begegnungen lassen sich auch künftig kaum vermeiden: Vor einer Woche wählten ihn die Freiburger für weitere vier Jahre in den Ständerat. Simon Marti
Unzählige Male sind sie in der politischen Arena aufeinandergeprallt: SP-Präsident Christian Levrat (49) und seine bürgerlichen Pendants, Petra Gössi (43, FDP) und Albert Rösti (52, SVP). Anfang Woche hat Levrat im BLICK angekündigt, dass er im April die Führung der Genossen abgibt.
Und für einmal schlägt die politische Konkurrenz versöhnliche Töne an. «Als ich das Präsidium der FDP übernahm, hatte ich einen gewissen Respekt vor dem Umgang mit ihm. Ein Präsident, der seit Jahren seine Partei führt und noch dazu im Ständerat sitzt, machte mir Eindruck», erinnert sich die Freisinnige Gössi.
Respekt vor Levrat habe sie auch heute noch, aber in einem positiven Sinn: «Ich kann sagen, ich vertraue ihm. Was er versprochen hat, hat er gehalten. Und ja, er wird mir fehlen.» Der Freiburger Ständerat könne etwas, das nicht allen in Bern gelinge: «Christian Levrat unterscheidet zwischen der politischen Auseinandersetzung, die hart geführt wird, und Gesprächen abseits der Medien. Bei diesen Gelegenheiten haben wir uns sehr gut verstanden, allen inhaltlichen Differenzen zum Trotz.»
Diese Differenzen waren gross. Geradezu riesig waren sie zwischen den beiden Polen des politischen Spektrums, der SP und der SVP. So kann sich denn auch Rösti einen Seitenhieb nicht verkneifen. Als SP-Präsident habe Levrat auch die «Extrempositionen der SP» verantwortet, wie die Forderung nach einem EU-Beitritt oder die Überwindung des Kapitalismus.
«Ich habe nie begriffen, dass er diesen für die Schweiz desaströsen Weg nicht in Frage gestellt hat, war er doch im Tagesgeschäft oft auch pragmatisch unterwegs», so der SVP-Chef. Aber auch Rösti betont: «Persönlich sind wir einander stets mit Respekt begegnet.» Begegnungen lassen sich auch künftig kaum vermeiden: Vor einer Woche wählten ihn die Freiburger für weitere vier Jahre in den Ständerat. Simon Marti