Nach 20 Jahren in Bundesbern – Nationalrat Walter Wobmann tritt ab
Zum Abschied will der SVP-Chrampfer ein «Geschenk» machen

Seine Erfolge an der Urne haben SVP-Nationalrat Walter Wobmann schweizweit bekannt gemacht. Nun tritt der Minarett-Verhinderer und Vignetten-Bodiger ab. Mit der Hoffnung auf ein besonderes Abschiedsgeschenk in der Herbstsession.
Publiziert: 20.09.2023 um 01:06 Uhr
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Aktualisiert: 20.09.2023 um 08:02 Uhr
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SVP-Nationalrat Walter Wobmann tritt in Bundesbern ab, bleibt aber weiterhin oberster Töfffahrer.
Foto: Siggi Bucher
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

«Es ist einfach eine Zwängerei!» Der Blutdruck von SVP-Nationalrat Wobmann (65) steigt, wenn er an seinen nächsten Auftritt im Nationalratssaal denkt. Am Mittwochmorgen wird der Solothurner ans Rednerpult schreiten, um sich bei der Umsetzung der Burka-Initiative für eine schweizweit einheitliche Lösung starkzumachen.

Dagegen stellt sich eine Gruppe um Grünen-Nationalrätin Greta Gysin (39, TI) und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (68, SO), welche die Umsetzung des Gesichtsverhüllungsverbots stattdessen an die Kantone delegieren will. «Damit droht ein unnötiger Flickenteppich», ärgert sich Wobmann. «Dabei haben selbst die Kantone klargemacht, dass sie eine Bundeslösung wollen.»

Nach 20 Jahren hört er auf

Es ist Wobmanns letzter grosser Auftritt im Bundeshaus. Bei den Wahlen im Oktober tritt er – nach 20 Jahren in Bundesbern – nicht mehr an. Dass er so vehement für eine Bundeslösung kämpft, hat auch damit zu tun, dass sich just in seiner letzten Session ein Kreis schliessen würde. Er, der die Burka-Initiative lanciert und in der Volksabstimmung obsiegt hat, wäre auch bei der Besiegelung des Umsetzungsgesetzes mit dabei. «Es wäre quasi mein Abschiedsgeschenk», so Wobmann.

Es wäre nicht das erste Mal, dass er Grund zum Feiern hätte. Mit Anliegen, die er praktisch im Alleingang vors Volk brachte: 2009 sagte das Stimmvolk mit 58 Prozent Ja zur Minarett-Initiative, 2021 hiess es mit 51 Prozent die Burka-Initiative gut. Zwischendurch bodigte Wobmann per Referendum und 61 Prozent Nein die 100-Franken-Autobahnvignette. Den Entscheid zu Letzterem fasste er zusammen mit Parteikollegin Nadja Umbricht Pieren (43, BE) bei einem Kaffee. «Es war ein Höllenfahrtskommando», lacht er.

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Einzelkämpfer und Chrampfer

Seine Abstimmungserfolge sind nicht selbstverständlich. Sie sagen aber viel über Wobmann aus: Er gilt als Einzelkämpfer. Und als Chrampfer. Der gebürtige Entlebucher gehört zur alten Garde der SVP, welche in den 1990ern harte Aufbauarbeit geleistet hat. 1992 durch die EWR-Debatte politisiert, begründete Wobmann in seinem Wohnort Gretzenbach SO die SVP-Ortspartei mit. Er amtete als Gemeinderat und Kantonsrat, bevor er 2003 in den Nationalrat gewählt wurde. Die typische Ochsentour.

Zu Beginn seiner Karriere im Bundeshaus galt Wobmann als Hinterbänkler. Doch als Islamismus-Gegner erlangte er bald einmal nationale Bekanntheit. Salafistische Organisationen wollte er ebenso verbieten wie Kopftuchfotos im Schweizer Pass. Manche islampolitische Kämpfe musste er fast im Alleingang durchziehen, weil die Parteioberen die Nase über seine Ideen rümpften und erst auf den Zug aufsprangen, als sich ein Erfolg anbahnte. «Mit manchen Vorschlägen war ich manchmal auch innerhalb meiner Partei zu früh», kommentiert Wobmann süffisant.

Als «Muslimfresser» will er aber nicht gelten. «Ich bekämpfe nicht den Islam als Religion, sondern den politischen Islam, der unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung angreift», sagt er. Bei gemässigten Muslimen spüre er viel Rückhalt. «Ich will verhindern, dass in der Schweiz islamistische Ghettos entstehen, wie wir sie aus andern europäischen Ländern kennen.»

Gegen Diskriminierung des Motorsports

Die Verkehrspolitik ist Wobmanns zweites Steckenpferd. Früh forderte er in einem Vorstoss die zweckgebundene Verwendung der Autoimportsteuer, die jeweils in die Bundeskasse floss. Mit dem Nein zur teureren Vignette wurde der Weg frei für die Schaffung des Strassenfonds NAF 2018, in welchen seither auch die Importsteuer fliesst. «Mit dem NAF haben wir eine solide Finanzierungsgrundlage geschaffen», so Wobmann.

Zur Stelle ist der Präsident des Motorradfahrerverbands FMS auch, wenn er eine «Diskriminierung des Motorsports» wittert. Etwa, wenn die Linke Temporeduktionen oder Lärmblitzer fordert. Als oberster Töfffahrer sorgte er einst für einen Eklat im Bundeshaus, als er für ein Fotoshooting mit seinem Motorrad in den heiligen Hallen des Bundeshauses posierte. Eine Anekdote, über die er heute noch herzhaft lachen kann.

«Ich bin ein Naturmensch»

Nun kehrt er Bundesbern den Rücken. Auch mit Wehmut. «Mein Vater hat im Militär Aktivdienst geleistet für unser Land und ich war politisch an der Front aktiv – in einem Krieg ohne Waffen», blickt er auf sein Wirken zurück. Angst vor dem Loslassen hat er nicht. «Ich war immer auf Achse, es war ein Leben im Grenzbereich», meint er. Da sei es schon gut, den Fuss vom Gas zu nehmen. «Auch meiner Familie zuliebe», so der verheiratete Vater dreier erwachsener Kinder.

Nun hat er wieder mehr Zeit für sich, Familie und Freunde. Neben dem Töfffahren – in jungen Jahren war er sogar im Rennsport aktiv – will er mehr reisen. «Ich bin ein Naturmensch und gerne draussen», sagt er.

70'000 Unterschriften für Neutralitäts-Initiative

Ganz vom politischen Gaspedal geht er aber nicht. Er führt weiter verschiedene Verbände und präsidiert das Initiativkomitee der Neutralitäts-Initiative, für welche derzeit Unterschriften gesammelt werden.

Diese ist auf gutem Weg. «Wir haben bereits über 70'000 Unterschriften beisammen», so Wobmann. «Nächstes Jahr werden wir die Initiative einreichen.» Dann wird er schon bald für den nächsten Abstimmungskampf in die Hosen steigen. 

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