Nur gerade 45 Stimmen fehlten Filippo Lombardi (63) zur Wiederwahl in den Ständerat. Hätten SP-Nationalrätin Marina Carobbio Guscetti (53) bloss 23 Personen weniger gewählt und hätte er gleichzeitig 23 Stimmen mehr erhalten oder wären statt 36'424 halt 36'470 Stimmen für ihn eingegangen, wäre der Präsident des Eishockeyklubs HC Ambri-Piotta weiterhin Ständerat.
Aber am Ende könne man den Wähler halt nicht zwingen, sagte der CVP-Fraktionschef gestern Abend. Trotz der hauchdünnen Niederlage verlangt er keine Nachzählung. Lombardi nimmt seine Abwahl nach 20 Jahren im Stöckli hin.
Immer wieder in der Kritik
Der umtriebige Tessiner Medienunternehmer stand wegen seiner Nähe zur russischen Führung immer wieder in der Kritik. Auch wegen Reisen nach Neuseeland, Australien und in die Vereinigten Arabischen Emirate – hauptsächlich auf Staatskosten.
Im Frühling 2008 machte Lombardi schweizweit von sich reden, weil er in alkoholisiertem Zustand einen schweren Verkehrsunfall verursacht hatte, für den er verurteilt wurde.
Tessin tickte rechts
Dass Lombardi, der im ersten Wahlgang der Ständeratswahl noch an erster Stelle gelegen hatte, abgewählt wurde, kommt denn auch nicht ganz überraschend. Die CVP hatte im Tessin mit der FDP eine Allianz geschmiedet. Doch darin fehlte das Vertrauen, daher zeigte sich Politologe Nenad Stojanovic von der Abwahl wenig überrascht.
Die CVP selbst sah die Schuld bei der politischen Polarisierung. Für die Polparteien SP und SVP sei es einfacher, sich zu profilieren, als für eine Mittepartei. Traditionell tickte das Tessin eher rechts. Wegen des Zuwanderungsdrucks aus Italien dominieren die Rechtspopulisten der Lega-Partei immer stärker.
Dabei ist die Wirtschaft im Südkanton in den letzten zehn Jahren stärker gewachsen als die gesamtschweizerische. «Aber wenn man vorher 28 Jahre lang von der Lega-Gratiszeitung jeden Sonntag nur einfache, negative Sprüche hört, hat das einen Einfluss», so der CVPler vor der Wahl zu BLICK.
Frauenpower-Allianz
Nicht geholfen hat Lombardi auch, dass Grüne und SP zusammenspannten. Die Grüne Greta Gysin (36), die am 20. Oktober in den Nationalrat gewählt wurde, hat sich zurückgezogen und zur Wahl von Carobbio aufgerufen. Diese konnte als amtierende Nationalratspräsidentin auch von ihrer Bekanntheit profitieren.
Lombardi war sich seiner misslichen Lage bewusst. Noch am Sonntag machte er in seinem Heimatkanton klar, er werde den einzigen Bundesrat aus dem Tessin, Ignazio Cassis (58, FDP), nicht abwählen. Genützt hat es nichts. Viele hatten schon brieflich gewählt.