Herr Hanke, Muri-Gümligen nimmt freiwillig 100 Asylbewerber auf. Warum?
Thomas Hanke: Der Kanton Bern muss pro Woche rund 100 Asylsuchende platzieren. Die Zentren sind aber alle voll. Das hat zur Folge, dass der Kanton händeringend nach neuen Unterkünften sucht. Oft vergeblich, weil viele angefragte Gemeinden abwinken. Es herrscht eine Notsituation. Da fühlten wir uns verpflichtet, zu helfen.
Wie wird der Entscheid in ihrer Gemeinde aufgenommen?
Die Nachricht, dass wir 100 Asylsuchende aufnehmen, hat natürlich keine grosse Begeisterung ausgelöst. Aber ich kann auch keinen negativen Grundtenor feststellen. Auf meinem Facebook-Profil habe ich bisher nur sechs Rückmeldungen. Alle positiv.
Kann Muri-Gümligen auf gute Erfahrungen mit Asylsuchenden zurückblicken?
Wir hatten in den letzten Jahren wiederholt Asylsuchende bei uns in der Gemeinde. Natürlich waren längst nicht alle Erfahrungen positiv. Deshalb war es dem Gemeinderat auch ein grosses Anliegen, das Gespräch mit den Nachbarn der Unterkunft zu suchen, bevor wir die Zivilschutzanlage definitiv öffnen.
Wie ist dieses Gespräch verlaufen?
Insgesamt sehr konstruktiv. Im Umfeld der Zivilschutzanlage gibt es viele Betriebe des Gesundheitswesens und einige private Anwohner. Als vor vier Jahren viele Flüchtlinge aus Nordafrika da waren, gab es einige Belästigungen. Manche Frauen fühlten sich unwohl. Es gab Heiratsanträge. Anwohner störten sich daran, dass die Flüchtlinge draussen rauchten oder in der Nacht noch vor der Unterkunft telefonierten. Solche Sachen.
Wie begegnen Sie diesen Ängsten?
Einiges kann man ganz einfach lösen. Zum Beispiel das Telefonieren. Wir richten das W-Lan jetzt einfach so ein, dass man ab 22 Uhr nur noch innerhalb der Zivilschutzanlage Empfang hat. Da die Flüchtlinge fast ausschliesslich über Skype und ähnliche Anbieter telefonieren, werden sie nachts kaum ausserhalb der Anlage telefonieren. Gewisse Vorbehalte haben sich auch erübrigt, weil es Leute aus Ostafrika sind, die Anfang August bei uns einziehen werden. Die haben eine andere Mentalität als die Nordafrikaner, die zuletzt bei uns waren.
Muri-Gümligen ist das Steuerparadies in der Region Bern. Befürchten Sie keinen Imageschaden durch die Asylunterkunft?
Wir sind eine sogenannte Speckgürtel-Gemeinde. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine Asylunterkunft für uns kein Problem ist. Auch als Speckgürtel-Gemeinde muss man seine Verantwortung wahrnehmen.