Kaum jemand hatte damit gerechnet. Doch im Sommer 2010 kündigte Verkehrsminister Moritz Leuenberger (SP) seinen Rücktritt aus der Landesregierung an. Jetzt spricht er in einem RTS-Interview ganz offen über jene Zeit. Leuenberger bestätigt, was viele vermuteten: Er trat nicht freiwillig zurück.
Zwar sei er nach 15 Jahren im Amt schon etwas erschöpft gewesen, so Leuenberger (68). Aber: «Es gab einen grossen Druck, dass ich verschwinde. Aus der Partei, aus den Medien. Man hat mich zum Rücktritt gedrängt. Ich wurde fallengelassen, auch von der Partei.»
Leuenbergers Rache
Nun wird auch klar, dass Leuenberger sich für diese Behandlung an der Partei rächte. Und zwar, indem er schon kurz nach seinem Rücktritt aus der Landesregierung einen Verwaltungsrats-Job beim Bau-Riesen Implenia annahm. Damit löste er heftige Kontroversen aus, unter welchen die SP lange litt.
Er sei sich damals durchaus bewusst gewesen, dass das öffentliche Echo sehr schrill ausfallen würde, sagt Leuenberger heute. Das Implenia-Mandat sei für ihn eine «Provokation», ein Akt des Trotzes gewesen. «Ich dachte mir: Wenn Ihr (mich) nicht wollt, dann mache ich halt auch etwas, das euch nicht gefällt. Manchmal ist man auch im hohen Alter noch etwas pubertär», so Leuenberger. Bei Implenia habe er sich dann jedoch nicht wohl gefühlt. «Ein Verwaltungsrat – das ist nicht meine Welt.»
«Jetzt sind alle freundlich zu mir»
Der Zürcher Sozialdemokrat zeigt sich im Gespräch erfreut darüber, dass er auch heute immer noch oft angesprochen wird. «Der grosse Unterschied ist, dass jetzt alle freundlich zu mir sind.» Manches sei heute auch für ihn einfacher. Die Leute kämen auf ihn zu, etwa im SBB-Zug, erzählt der Magistrat. Sie sagten: Herr Leuenberger, der Wasserhahn auf der Toilette funktioniert nicht. «Früher, als Verkehrsminister, hätte ich mich dafür entschuldigt. Heute sage ich, dass es so etwas während meiner Zeit als Verkehrsminister noch nicht gab.»