Morgen präsentiert der neue Aussenminister Ignazio Cassis (56) seine Europa-Pläne. Wer sich einen «Reset», also einen völligen Neubeginn erhoffte, wird enttäuscht. Was der Tessiner seinen Regierungskollegen vorlegt, ist laut mehrerer Quellen eine breite Auslegeordnung.
Und dass die verschiedenen Bundesräte am Mittwoch zu gemeinsamen Entscheiden kommen, ist kaum zu erwarten. Das hat sich schon vergangene Woche am Weltwirtschaftsforum (WEF) gezeigt: «Vier Bundesräte vertraten fünf verschiedene Meinungen», so ein Aussenpolitiker der kleinen Kammer. «Fünf deshalb, weil Cassis innert einer Woche zwei unterschiedliche Meinungen ventilierte.»
Mandat soll für Schiedsgericht erweitert werden
BLICK-Recherchen zeigen, der FDP-Magistrat wird verschiedene Optionen ausbreiten und sich allerlei Prüfaufträge von der Landesregierung geben lassen, beispielsweise, ob als Streitschlichtungsstelle im Rahmenabkommen statt des EU-Gerichtshofs (EuGH) auch das Efta-Gericht eine Lösung sein könnte oder wie es mit einem Schiedsgericht aussehen würde.
Damit Schiedsgerichte in die Verhandlungen mit der EU eingebracht werden könnten, steht auch die Ausweitung des bestehenden Verhandlungsmandats im Raum. Schliesslich, so die Hoffnung, könnten dank Schiedsgerichten «fremde Richter» umgangen werden, gegen die sich die SVP wehrt.
Cassis braucht weitere drei Wochen Zeit
Diskutiert werden soll auch, wie man beim Strommarkt-Abkommen, mit und ohne Lösung beim Rahmenabkommen, weiter verfahren könnte. Auf den Prüfstand gestellt werden soll zudem das Finanzdienstleistungs-Abkommen.
Das alles gleicht mehr einer Verhandlungspause als einem Neustart. Denn Cassis will sich Zeit bis zur bundesrätlichen EU-Klausur vom 21. Februar nehmen.
Balzaretti dürfte Baeriswyl das EU-Dossier abnehmen
Ein wichtiger Entscheid dürfte am Mittwoch dennoch fallen: Die Zeichen verdichten sich, dass Aussenminister Cassis den früheren Schweizer Botschafter in Brüssel und heutigen Chef der Direktion für Völkerrecht, Roberto Balzaretti, zum neuen Staatssekretär für Europafragen vorschlägt. Nickt der Bundesrat ihn ab, entzieht er damit Staatssekretärin Pascale Baeriswyl das EU-Dossier.