Für Christoph Mörgeli ist klar: «Typischer Fall von Brüssel-Fremdküssens unseres Bundesrats», frotzelt der SVP-Nationalrat mit Hinweis auf den Sprachgebrauch seines Zuger Partei-Kollegen Markus Hürlimann. Der Schmatzer von EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker sei symbolisch kein guter Einstieg gewesen, findet der SVP-Mann. Der mächtige EU-Chef erdrücke mit dieser Geste die zerbrechliche Vertreterin des Kleinstaates Schweiz.
Auch Natalie Rickli wettert zum gestrigen Brüssel-Besuch gegen die Justizministerin: «Sommaruga scheint es zu gefallen in Brüssel. Mir wäre es lieber gewesen, sie wäre mit positiven Resultat nach Hause gekehrt.»
Doch für einmal ist man sich in der SVP uneinig. Der langjährige Aussenpolitiker Maximilian Reimann nimmt Sommaruga in Schutz: «Von Junckers Kuss wurde sie schlicht und einfach überrascht, daraus interpretieren kann man nichts.» Sommaruga habe das einzig Richtige gemacht. «Sie ging mit der klaren Botschaft nach Brüssel, dass sie den Verfassungsauftrag, vom Volk und Stände, umzusetzen hat.»
Das Knutschfoto sorgt für ähnlich grosse Aufregung wie jenes von der ehemaligen Aussenministerin Micheline Calmy-Rey mit Kopftuch im Iran 2008. Doch es gibt Unterschiede. «Das hat nicht die gleiche Dimension wie Calmy-Reys unglücklicher Auftritt im Iran», sagt Reimann. Calmy-Rey Verhalten sei deplatziert gewesen, Sommarugas nicht. Wenn, dann habe sich Jucker angebiedert. «Sie scheint ja nicht besonders glücklich.» Auch Gerhard Pfister (CVP) sieht es ähnlich: «Calmy-Reys Verhalten war anbiedernd und deplatziert, das von Sommaruga nicht.»
Der ehemalige SP-Präsident Helmut Hubacher meint: «Das Schmützli war ein bisschen komisch, der Auftritt von Sommaruga aber – wie immer – höflich und souverän.»
Nun fordert Christa Markwalder (FDP) Resultate: «Das Treffen verlief offensichtlich in freundschaftlicher Atmosphäre.» Es sei wünschenswert, dass der Dialog weitergeführt werde, doch es brauche auch Resultate.» (bie)