Die neue Corona Untervariante BA.2.75.2 ist in der Schweiz angekommen. Und sie scheint den Antikörpern, die unter anderem durch die Corona-Impfung gefördert wurden, ausweichen zu können. Gemäss Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist eine Infektionswelle im Herbst möglich.
Der Nationalrat will nun einzelne Bestimmungen im Covid-19-Gesetz verlängern, um falls nötig in einer nächsten Corona-Welle die nötigen Instrumente bei der Hand zu haben. Dass künftig die Kantone die Tests bezahlen sollen, will er aber nicht.
Der Nationalrat hiess die Verlängerungen am Dienstag mit 140 zu 47 Stimmen gut. Bei der Verantwortung für die Tests will er aber statt einem Flickenteppich, wie es mehrere Votanten im Rat nannten, weiterhin das vom Bund verantwortete und finanzierte Testregime. Der Ständerat ist nun am Zug, voraussichtlich in der Wintersession.
Die Verlängerungen sollen für dringlich erklärt am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Der Bundesrat möchte, dass ab kommendem Jahr die Kantone diese Kosten tragen und nicht mehr der Bund, wie seit dem Ausbruch der Pandemie. Vom 1. April 2023 an sollen die Kantone dann allein die Verantwortung für das Testsystem tragen.
Die Kantone wehrten sich in der Vernehmlassung dagegen. Die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren rechnet mit mehreren hundert Millionen Franken Mehrkosten für die Kantone.
Berset unterliegt bei Testkosten
Des Nationalrat beschloss nun, dass der Bund die Testkosten und die Verantwortung für die Tests weiterhin tragen soll. Die Kosten für das Testen wie vom Bundesrat vorgeschlagen gemäss dem Bevölkerungsanteil auf die Kantone zu verteilen, setze falsche Anreize, gab Marcel Dobler (FDP/SG) zu bedenken.
Thomas Aeschi (SVP/ZG) hätte es handhaben wollen wie der Bundesrat, um die Bundesfinanzen zu schonen. Die Minderheit unterlag aber mit 55 gegen 136 Stimmen. Auch Gesundheitsminister Alain Berset wies darauf hin, dass das der ordentlichen Aufgabenteilung entspreche. Der Bund habe den Löwenanteil der von der Pandemie verursachten Kosten getragen.
Kantone bei Spitälern in der Pflicht
Bei den Spitalkapazitäten will der Nationalrat die Kantone verstärkt in die Pflicht nehmen. Sie sollen für genügend Reserven für pandemiebedingte Belastungsspitzen sorgen und für die Aufnahme ausserkantonaler Patientinnen und Patienten in einem Spital gegenseitige Finanzierungsvereinbarungen abschliessen müssen.
SVP und Mitte lehnten diese Regulierung ab, unterlagen aber mit 78 gegen 112 Stimmen. Mache der Bund Vorgaben, sei mit finanziellen Forderungen zu rechnen, gab Ruth Humbel (Mitte/AG) zu bedenken. Auch der Bundesrat wollte es so halten. Er zweifelte daran, ob die Kantone die geforderten Vereinbarungen rechtzeitig treffen könnten.
Zertifikate bleiben möglich
Die einzelnen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie will der Nationalrat beibehalten. Eines davon ist die Ausstellung von Covid-19-Zertifikaten für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete.
Gleich halten will es der Nationalrat mit der zurzeit deaktivierten Swiss-Covid-App – die Gesetzesgrundlagen für das Tool stehen im Epidemiengesetz. Die App dient der Nachverfolgung von Kontakten von positiv auf das Virus getesteten Menschen. Einen Minderheitsantrag, die Gesetzesgrundlagen für die App nicht zu verlängern, lehnte er ab.
Beibehalten wollen Bundesrat und Nationalrat auch die Kompetenz für den Bund, die Entwicklung von Covid-19-Arzneimitteln zu fördern. Auch die Bestimmungen zum Schutz von besonders gefährdeten Menschen am Arbeitsplatz will der Nationalrat verlängern.
Verlängert werden sollen schliesslich auch die Bestimmungen für Massnahmen im Ausländer- und Asylbereich und bei Grenzschliessung zur Wahrung der Reisefreiheit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern und der Grenzbevölkerung.
Streit um Dauer
Umstritten war im Nationalrat, wie lange die Bestimmungen aus dem Covid-19-Gesetz verlängert werden sollen. Die Mehrheit will sie wie der Bundesrat bis Mitte 2024 aufrechterhalten, um Hauruckübungen zu verhindern, wenn sich die Lage ändern sollte, wie Lorenz Hess (Mitte/BE) namens der Kommissionsmehrheit sagte.
Die FDP wollte das Gesetz nicht auf Vorrat und für zwei volle Winter verlängern, sondern nur bis zum Sommer 2023, die SVP nur bis Ende März 2023. Diese Minderheitsanträge wurden ebenso abgelehnt wie der Antrag der SVP, auf Dringlichkeit zu verzichten.
Eine Verlängerung hat der Nationalrat auch für die Regelung beschlossen, dass Mitglieder des Nationalrates, die wegen pandemiebedingter Isolation oder Quarantäne nicht an den Debatten teilnehmen können, von zuhause aus abstimmen können. Beantragt hatte dies die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission. (SDA)