Noch feilt das Parlament an den Details zum Energie-Mantelerlass, schon steht die nächste Volksinitiative zu diesem Thema in der Pipeline. Sie will in den kommenden Wintern neue Impulse setzen. «Die Schweiz muss jetzt Verantwortung übernehmen», sagte der Walliser Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit (60), Präsident des Initiativkomitees. Es brauche «schnelle Fortschritte und klare Ziele».
Konkret will das Volksbegehren in der Verfassung verankern, dass die Erschliessung und Nutzung von einheimischer erneuerbarer Energien zur Verbesserung der Energieeffizienz von nationalem Interesse sind. Bund, Kantone und Gemeinden müssten sich zudem dafür einsetzen, die erneuerbare Energien im Sinne einer hohen Versorgungssicherheit voranzutreiben und zu fördern.
Angst vor Schiffbruch
Mit dem sogenannten Energie-Mantelerlass arbeitet das Parlament zurzeit daran, die Versorgungssicherheit der Schweiz mittel- und langfristig auf Gesetzesstufe zu verbessern. Die grosse Kammer soll die Vorlage an der Frühjahrssession als Zweitrat beraten.
Die Urheber der Volksinitiative fürchten, dass der Mantelerlass im Parlament oder an der Urne scheitern. Ihr Projekt sei ein «Plan B». Das Komitee ist aber auch grundsätzlich der Ansicht, dass die Energiewende Eingang in die Verfassung finden muss.
Fokus auf die Wasserkraft
Die Initianten zielen dabei auf die Winterproduktion – und damit insbesondere auf die Wasserkraft. Sobald ein vom Bund festzulegender verbindlicher Stromimport-Grenzwert überschritten würde, ginge das nationale Interesse für den Bau, die Erweiterung, die Erneuerung oder die Konzessionierung von Anlagen sowie weiterer notwendiger Infrastruktur anderen nationalen Interessen vor.
Das sei keine Carte Blanche, um alle einheimischen Energieprojekte umzusetzen, stellte Unternehmerin Viviane Kessler klar. Es brauche aber «straffere Bewilligungsverfahren und beschränkte Einsprachemöglichkeiten». Entsprechende Bestimmungen auf Gesetzesstufe reichten nicht. «Die Verfassung wird oft höher gewichtet.»
Ehemaliger Alpiq-Chef dabei
Im Komitee sitzen neben Roduit auch Giovanni Leonardi (63), der ehemalige Chef vom Energiekonzern Alpiq, verschiedene Unternehmer und Energieberater sowie die Vereinigung Swiss Small Hydro, eine Interessenvertretung der Schweizer Kleinwasserkraft. Deren Geschäftsleiter Martin Bölli stört sich insbesondere daran, dass es bei Wasserkraftwerken eine Mindestgrösse braucht, damit sie gefördert werden.
Laut Bölli ist die Angst vor dem Zubetonieren der Gewässer unbegründet. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Zahl kleiner Kraftwerke massiv zurückgegangen.
Wasserkraft sei und bleibe aber das Rückgrat der Schweizer Energiewirtschaft, sagte Kessler. Für sie ist klar: Der Schweizer Energiebedarf kann langfristig weitgehend mit einheimischen erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Jede Unterschrift helfe, dieses Ziel zu erreichen, sagte Roduit. «Wir wollen eine allgemeine Mobilisierung für die erneuerbaren Energien.» Das Komitee hat nun 18 Monate Zeit, um 100'000 Unterschriften für die Initiative zu sammeln.
In der Sammelphase befindet sich eine thematisch verwandte Volksinitiative. Das Anliegen mit dem Titel «Jederzeit Strom für alle» wurde im Spätsommer 2022 lanciert und will in der Verfassung festschreiben, dass die Stromversorgung jederzeit sichergestellt sein muss – unter anderem mit der Aufhebung des AKW-Bauverbots. In jenem Komitee sitzen unter anderem der St. Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler (42) und der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin (62).
(SDA/bro)