Mit Fragen nach kriminellen Ausländern
SVPler nerven Sommaruga gewaltig

Während der Debatte über eine verschärfte Gangart gegenüber häuslicher Gewalt und Stalking im Nationalrat versuchte die SVP aus dem Stalker-Problem ein Ausländerproblem zu machen. Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) ärgerte sich sichtlich.
Publiziert: 18.09.2018 um 18:37 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2018 um 07:05 Uhr
SVP-Nationalräte provozieren Bundesrätin Sommaruga
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Während Stalker-Debatte:SVP-Nationalräte provozieren Bundesrätin Sommaruga

Das Parlament will Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking besser schützen. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat einem Gesetzesprojekt zugestimmt. Zu den Massnahmen zählen etwa elektronische Fussfesseln für Stalker. Im letzten Jahr seien über 17'000 Straftaten von häuslicher Gewalt registriert worden. 21 Menschen seien gestorben, die meisten davon Frauen.

Die SVP versuchte der Debatte aber einen andere Richtung zu geben. Die Partei wollte daraus eine Diskussion um kriminelle Ausländer machen. Gleich reihenweise traten SVP-Vertreter ans Rednerpult, um Justizministerin Simonetta Sommargua (58, SP) unangenehme Fragen zu stellen.

Den Auftakt machte Mauro Tuena (46): «Frau Bundesrätin, ich will von Ihnen wissen, wie und in welchem Umfang diese enormen Gewaltexzesse einen Zusammenhang mit der massiven Zuwanderung haben.» Sommaruga antwortet: «Ich kann Ihnen dazu mitteilen, dass bei den beschuldigten Personen im Bereich der häuslichen Gewalt die schweizerische und ausländische Wohnbevölkerung gleich vertreten sind.»

Sommaruga: Es ist ein Männer-Problem

Die Vorlage unterscheide nicht, woher die Täter kommen und welche Vergangenheit sie haben, sondern behandelt alle gleich, erklärt die SP-Magistratin. Dann schreitet Erich Hess (37) ans Pult und rechnet vor: «Wir haben einen Ausländeranteil von 25 Prozent. Und diese 25 Prozent sind verantwortlich für über 50 Prozent dieser Fälle, die wir hier behandeln. Ist es hauptsächlich ein Ausländerproblem oder nicht?»

Sommaruga wirkt genervt und antwortet: «Herr Nationalrat, wenn Sie das Problem unbedingt bezeichnen wollen, dann ist es ein Männerproblem.» Ihr Votum wird von anerkennendem Applaus begleitet.

Doch die SVP-Granden lassen nicht nach. Nacheinander preschen Fraktionschef Thomas Aeschi (39), Parteipräsident Albert Rösti (51) und Kampagnenleiter Adrian Amstutz (64) vor und drängen auf eine Antwort auf die Frage, ob es ein Ausländerproblem sei oder nicht. Sommaruga lässt sich nicht beirren: «Ich habe Ihnen die Zahlen genannt, die ich hier vor mir habe, und improvisiere keine Statistik, wie Sie das gerne von mir haben möchten.»

Stalker muss für Kosten aufkommen

Am Ende hiess die grosse Kammer die Vorlage am Dienstag mit 122 zu 62 Stimmen gut. Die meisten Änderungen im Zivil- und im Strafrecht waren unbestritten. Ziel ist es, Kontakt- und Rayonverbote besser durchzusetzen. Künftig sollen die Gerichte auch anordnen können, dass der Stalker oder die Stalkerin für einen bestimmten Zeitraum eine elektronische Fussfessel oder ein elektronisches Armband trägt. Damit kann aufgezeichnet werden, wo sich die Person aufhält.

Halten Stalker sich nicht an die Auflagen, können die Aufzeichnungen als Beweis gegen sie verwendet werden. Allerdings kann die Polizei nicht unmittelbar eingreifen. Der Bundesrat verzichtete nach der Vernehmlassung auf Echtzeit-Überwachung, für die den Kantonen die Ressourcen fehlen.

Die Überwachung mit Fussfessel wird auf Antrag des Opfers angeordnet. Das Parlament will im Gesetz verankern, dass die Kosten dafür der überwachten Person auferlegt werden können. Der Nationalrat beschloss ausserdem, dies auch für die Gerichtskosten vorzusehen. Im Visier hat er vermögende Personen.

Opfer unter Druck

Zudem sollen weniger Strafverfahren im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt eingestellt werden. Im Strafrecht wollen Parlament und Bundesrat neue Regeln zur Sistierung und Einstellung von Verfahren wegen häuslicher Gewalt verankern. Ob das Strafverfahren fortgeführt wird, soll nicht mehr allein von der Willensäusserung des Opfers abhängen. Vielmehr sollen die Strafbehörden für den Entscheid verantwortlich sein.

Damit will der Bundesrat der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Täter das Opfer unter Druck setzen, um die Einstellung des Verfahrens zu erwirken. Verfahren dürften jedoch weiterhin sistiert werden, wenn das zu einer Stabilisierung oder Verbesserung der Situation des Opfers beiträgt, betonte Sommaruga.

Das Geschäft geht nun zurück an den Ständerat. (duc/SDA)

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