Zuerst sollten die Ergebnisse der Subkommission «Soft Law» abgewartet werden, sagte Mitte-Nationalrat Marco Romano (TI) für die vorberatende Kommission des Nationalrats. Die Subkommission prüft unter anderem, ob die Mitwirkungspflichten des Parlaments im Bereich «Soft Law» ausgeweitet werden sollen.
Es müsse geprüft werden, ob «Soft Law» in den gesetzgeberischen Prozess aufgenommen werden sollte, ergänzte FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO) ebenfalls namens der Kommission. Bei dem Migrationspakt könnte es sich eben genau um solches «Soft Law» handeln, das eine Mitarbeit des Parlaments erfordere, damit kein Demokratiedefizit entstehe, meinte Fluri.
Gegen die Sistierung der Beratung waren die Grünen, SP und die Grünliberalen. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) argumentierte für eine materielle Beratung des Geschäfts. Gerichtet an die SVP-Fraktion erklärte er: «Die Gleichen, die eine Abstimmung über den Beitritt verlangt haben, wollen diese Vorlage nun auf die lange Bank schieben. Wenn sie keine Gründe für eine Ablehnung haben, dann können sie das Geschäft verschieben bis zum Sankt-Nimmmerleinstag.»
Aussenminister Ignazio Cassis erklärte, dass der Bundesrat mit seiner Botschaft an das Parlament 2021 den Vertrag erneut einer Analyse unterzogen haben. Diese Analyse sei zum Schluss gekommen, dass der Pakt mit den Positionen der Schweiz übereinstimme und der Pakt ein «Soft Law»-Instrument sei, das nicht den zukünftigen Umgang mit Soft Law «präjudiziert».
Schliesslich stimmte der Nationalrat mit 105 zu 77 Stimmen dem Antrag zu, die Beratung auszusetzen.
Im Uno-Migrationspakt werden Massnahmen festgehalten, um die Migration erstmals grenzüberschreitend zu ordnen. Zu den Massnahmen zählen etwa die Stärkung der Hilfe vor Ort, die Verwirklichung der Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten sowie die Sicherung der Grenzen. Nicht betroffen vom Abkommen sind Personen, die aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention den Flüchtlingsstatus haben.
Unterzeichnen wollte der Bundesrat den Pakt eigentlich schon 2018. An der Unterzeichnungszeremonie in Marrakesch in Marokko fehlte die Schweiz dann aber. Der Bundesrat musste die Reise absagen, nachdem von allen Seiten kritisiert worden war, der Bundesrat könne solch einen Pakt nicht ohne die Zustimmung des Parlaments beschliessen. Und dies, obwohl es beim Pakt um sogenanntes «Soft Law» geht, und der Bundesrat die Berechtigung zur Unterschrift laut Gesetz hat.
«Soft Law» bezeichnet internationale nicht bindende Abkommen. Dabei handelt es sich um Abkommen, die ohne rechtsverbindlichen Charakter konzipiert wurden und wo Verstösse entsprechend auch nicht sanktioniert werden können. Aufgrund des Vertrauensschutzes kommt diesem «Recht» jedoch politisch eine gewisse normative Bedeutung zu.
In der Diskussion um den Beitritt zum Uno-Migrationspakt beharrte das Parlament auf einem Grundsatz, der im Parlamentsgesetz verankert ist: «Die Bundesversammlung wirkt bei der Willensbildung über wichtige aussenpolitische Grundsatzfragen und Entscheide mit.»
National- und Ständerat vertraten in der Folge die Haltung, dass das Parlament in Zukunft bei internationalen Vereinbarungen auch dann konsultiert werden soll, wenn es sich bei den Verträgen um «Soft Law» handelt und nicht um zwingendes Völkerrecht.
Zudem hielt der Bundesrat 2019 in einem Bericht fest, das Parlament künftig früher über solche Vorhaben zu informieren und die Mitsprache des Parlaments auszubauen. Eine Gesetzesänderung erachtete der Bundesrat jedoch als nicht notwendig.
Anderer Meinung war das Parlament. Die Aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat (APK-N und APK-S) setzten eine Subkommission «Soft Law» ein.
Anfang Februar dieses Jahres teilte das Aussendepartement (EDA) schliesslich mit, es wolle den Uno-Migrationspakt dem Parlament vorlegen.
(SDA)