Wird das Rennen um den SP-Vorsitz doch noch spannend? Nüchtern betrachtet hat das Duo um Mattea Meyer (32) und Cédric Wermuth (33) weiterhin sehr gute Chancen. Auch haben sie bisher als einzige ihre Kandidatur offiziell eingereicht.
Doch nun wirft ein weiterer Anwärter seinen Ring in den Hut: Der Zürcher Nationalrat und Arzt Angelo Barrile (43) überlegt sich eine Co-Kandidatur – und begründet sie damit, dass auch die «queere Minderheit» im Präsidium vertreten sein soll.
Barrile will nur mir einer Frau antreten
«Für mich ist unbestritten, dass eine Frau ins Präsidium gehört», sagt Barrile, der mit seinem Mann in eingetragener Partnerschaft lebt. «Ebenso klar ist aber, dass auch eine andere Minderheit in den Parteiämtern bisher keine Stimme hatte.»
Barrile hält fest, dass er nur zusammen mit einer Frau antreten wolle. Im konkreten Fall liefe das auf eine Co-Kandidatur mit Franziska Roth (53, SO) oder Priska Seiler Graf (51, ZH) hinaus – jene beiden Frauen, die sich ebenfalls fürs Präsidium interessieren. Wobei sich Seiler Graf und Barrile bereits vom Zürcher Kantonsrat her kennen und auch sonst gut befreundet sind. Mit einer Co-Kandidatur könnten der links politisierende Barrile und die als pragmatisch geltende Seiler Graf überdies für sich in Anspruch nehmen, die gesamte Parteibasis zu repräsentieren. Dies im Gegensatz zum Duo Meyer/Wermuth, die früher beide in der Juso aktiv waren. Weiterhin im Rennen ist zudem der Walliser Mathias Reynard.
Min Li Marti fehlt die Zeit
Nicht antreten will dagegen die Zürcher Nationalrätin Min Li Marti (45), die sich eine Kandidatur ebenfalls überlegt hatte. «Das Amt hätte mich gereizt, doch fehlt mir im Moment die Zeit dafür», so Marti. «Ich leite eine Zeitung, habe ein kleines Kind, und die Chancen sind intakt, dass mein Mann Balthasar Glättli demnächst Präsident der Grünen wird.»
In Bezug auf das Favoritenduo meint die Zürcherin, mit Meyer und Wermuth würden «zwei gute, motivierte» Kandidaten zur Verfügung stehen. Dass die beiden Ex-Juso-Kader der Partei einen strammen Linkskurs aufdrücken werden, glaubt sie nicht.
Einen Wunsch an die neue Parteiführung hat Marti dennoch: Sie hofft, dass die SP künftig weniger einseitig auf Steuer- und Wirtschaftsfragen fokussiere, als das im Wahlkampf der Fall gewesen sei. «Den Leuten sind auch Familien- und Gesellschaftspolitik sehr wichtig.» Die SP müsse deshalb besser kommunizieren, wie ihre Lösungen in diesem Bereich aussehen würden. So verweist Marti auf die Initiative der Zürcher SP für je 18 Wochen Elternzeit.
Attraktivität mit neuen Formaten
Doch unabhängig davon, wer am Ende das Präsidium übernimmt: Die grosse Herausforderung für die neue Parteispitze wird es sein, jene Wähler zurückzugewinnen, welche die Partei an die Grünen verloren hat – und gleichzeitig für Neuwähler attraktiver zu werden.
Wie das gelingen kann? Nationalrätin Marti verweist auf neue Formate, die derzeit getestet werden. Etwa eine Onlineplattform, welche die Digitalisierung ins Zentrum stellt. Oder eine interaktive Veranstaltungsreihe zum Thema Freiheit. Wichtig sei, verschiedene Wege auszuprobieren. Und: «Es darf auch etwas einmal nicht funktionieren.»