Mehrheit wäre nicht bereit, dafür mehr Steuern zu zahlen
Aufrüstung der Schweizer Armee ist umstritten

Die Sanktions-Politik des Bundesrats stösst in der Bevölkerung auf Zustimmung, wie eine Umfrage zeigt. Uneins ist sich die Schweiz bei der Frage, ob wegen des Kriegs die Verteidigungsausgaben steigen müssen.
Publiziert: 28.03.2022 um 08:11 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2022 um 09:49 Uhr
Rund tausend Menschen demonstrierten Mitte März in Winterthur ZH gegen den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. (Archivbild)
Foto: ENNIO LEANZA

Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung würde gemäss einer Umfrage strengere Sanktionen gegen Russland befürworten, selbst wenn dies eine Öl- und Gas-Knappheit in der Schweiz bedeuten würde. Positiv bewertet würde etwa, wenn mehr Gelder eingefroren würden.

Das zeigte eine Umfrage, die das Forschungsinstitut Link am Montag veröffentlichte. 57 Prozent der Befragten geben an, dass sie es befürworten würden, wenn sämtliche in der Schweiz vorhandenen Vermögenswerte hochrangiger Russen und der Verbündeten der russischen Führung blockiert würden. Gleich viele wären dafür, russische Banken von den Schweizer Finanzmärkten abzukoppeln.

Ältere sind für mehr bereit

Die Mehrheit (56 Prozent) spricht sich zudem für strengere Sanktionen aus, selbst wenn dies negative Konsequenzen für die Öl- und Gasversorgung in der Schweiz hätte. Wenn die Massnahmen einen signifikanten Anstieg der Energiepreise oder der allgemeinen Lebenshaltungskosten bedeuten würden, wären immer noch über 50 Prozent dafür.

Dabei zeigt sich: Junge sind weniger bereit, eigene Abstriche zu machen als ältere Generationen. Dass der Angriff auf die Ukraine einen negativen Einfluss auf die eigene finanzielle Situation hat, glaubt aber über die Hälfte der Befragten.

Aufstockung des Armeebudgets ist umstritten

Für Diskussionen sorgen dürfte eine Aufstockung des Schweizer Verteidigungsetats zur Abschreckung. Die Meinungen zur Forderung der Bürgerlichen, das Budget der Armee zu erhöhen, sind geteilt: 40 Prozent sprechen sich klar dagegen aus, 35 Prozent halten dies für richtig. 12 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen diese Massnahme noch zu wenig weit geht. Der Rest ist sich unsicher.

Eine Steuererhöhung zur Deckung der höheren Verteidigungsausgaben lehnt eine Mehrheit von 58 Prozent ab.

Generell stimmt eine Mehrheit der Bevölkerung den Aktionen des Bundesrates zu und findet, dass die bislang gesprochenen Sanktionen in etwa richtig seien. Lediglich die Einschränkungen bei Visa-Erleichterungen für Russinnen und Russen trifft nicht auf Zustimmung – knapp einem Viertel der Befragten gehen diese zu weit, einem Fünftel gingen sie nicht weit genug.

Überwältigende Mehrheit für Integration

Beinahe drei Viertel geben zudem an, dass sie der Ansiedlung von Geflüchteten positiv gegenüber stehen. Sie befürworteten ein Schweizer Programm, um einige ukrainische Flüchtlinge in der Schweiz anzusiedeln. Fast die meisten davon wären bereit, einige Zehntausend Menschen in die Schweiz aufnehmen.

Dass die Schweiz eine moralische Verpflichtung hat, den Geflüchteten Asyl in der Schweiz zu gewähren, ist wenig umstritten. 78 Prozent sprechen sich dafür aus. Der Blick in die Generationenunterschiede zeigt in diesem Fall: Während bei den 15-29-Jährigen 69 Prozent eine solche moralische Verpflichtung sehen, sind es bei den 60-79-Jährigen ganze 84 Prozent.

Neutralität: Ja, aber ...

Die Umfrage zeigt zudem: Die Neutralität ist den Schweizerinnen und Schweizern zwar wichtig (56 Prozent fanden, die Schweiz sollte sich neutral gegenüber Russland und der Ukraine verhalten), eine klare Mehrheit von 82 Prozent wünscht sich aber eine aktive Vermittlerrolle der Schweiz. 65 Prozent finden, die Schweiz sollte sich klar zur Ukraine bekennen und die Sanktionen der EU gegen Russland vollumfänglich umsetzen.

Eine Mehrheit aller Altersgruppen ist sehr besorgt über die aktuelle Situation. Viele halten es für wahrscheinlich, dass Russland Chemiewaffen einsetzen könnte (47 Prozent). Dass Atomwaffen eingesetzt werden, halten weniger für wahrscheinlich 28 Prozent).

Die Umfrage wurde schweizweit vom 17. bis am 21. März 2022 bei über 1200 Personen im Alter zwischen 17 und 79 Jahren durchgeführt.

Schädliche Folgen für Wirtschaft befürchtet

Auch laut einer vom «Sonntagsblick» zitierten repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts Gallup International trägt die Schweizer Bevölkerung die Sanktionen klar mit. Jede zweite Person im Land hielt sie demnach für angemessen. 34 Prozent der 1000 Befragten sprachen sich für eine Verschärfung der Sanktionen aus. 61 Prozent befürchteten jedoch schädliche Folgend von Sanktionen für die Schweizer Wirtschaft.

In einer Online-Umfrage, die am letzten Mittwoch in den Zeitungen von Tamedia veröffentlicht wurde, sprachen sich fast drei von vier Befragten für die Sanktionen gegen Russland aus, die nach dem Einmarsch in die Ukraine verhängt wurden. Ein Viertel lehnte sie ab. Im Detail waren 61 Prozent der Befragten dafür, dass die Schweiz die Sanktionen der EU übernimmt. (SDA)

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