Bislang beteiligten sich die Kantone lediglich an den Kosten, die ein Patient verursacht, der über Nacht im Spital bleibt – also stationär behandelt wird. Wird er dort ambulant behandelt, zahlt die Rechnung aber voll die Kasse, also der Prämienzahler.
Nun will die nationalrätliche Gesundheitskommission dem einen Riegel schieben: Künftig sollen die Kantone 25,5 Prozent aller Gesundheitskosten übernehmen – egal, ob die Behandlungen ob sie im Spital oder in einer Arztpraxis, einem Labor oder für Medikamente durchgeführt werden.
Die Kommission hat einen Vorentwurf für eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedet. Die Idee dazu hatte die Aargauer CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (60) – bereits vor neun Jahren.
Nun endlich der Erfolg: Die Gesundheitskommission will damit erreichen, dass mehr ambulante Behandlungen durchgeführt werden – denn diese sind günstiger. Eine Beteiligung der Kantone soll dazu führen, dass Spitalaufenthalte durch rechtzeitige und koordinierte ambulante Behandlungen vermieden werden können.
Die Gesundheitsdirektoren wollen nicht
Für die Prämienzahler wäre das eine gute Nachricht. Müssten sich die Kantone beteiligen, könnte das massive Prämienwachstum nicht nur gebremst werden, die Kosten würden obendrein auch noch sozialer verteilt. Denn da die kantonale Beteiligung stärker über die Steuern finanziert würde, zahlten Besserverdienende und Vermögende automatisch mehr an die Gesundheitskosten.
Dennoch wehren sich die kantonalen Gesundheitsdirektoren mit Händen und Füssen gegen diese Regelung. Sie fürchten, den Kassen Millionen an Steuergeldern überweisen zu müssen – ohne Mitspracherecht, was damit passiert, und ohne Kontrolle, ob die Gelder auch richtig eingesetzt werden.
Noch von zweiter Seite ist Besserung in Sicht
Seit 2012 gelten für stationäre Behandlungen Fallpauschalen. Das heisst: Ein bestimmter Eingriff hat einen Fixpreis. Wer für eine bestimmte Behandlung über Nacht im Spital bleibt, zahlt in jedem Fall nur diesen Festpreis. So lohnt es sich für das Krankenhaus also nicht mehr, einen Patienten eine Nacht länger dazubehalten als nötig – denn über die Fallpauschale hinaus gibt es dennoch nicht mehr Geld.
Dass das wirkt, zeigen die Zahlen: Während die Kosten seit 2012 im spitalambulanten Bereich, also bei kleinen Behandlungen, nach denen der Patient das Spital gleich wieder verlässt, um ganze 8,2 Prozent gestiegen sind, waren es im stationären Bereich nur 2,4 Prozent.
Warum nicht auch Fallpauschalen für ambulante Eingriffe
Die Idee ist naheliegend, Fallpauschalen auch für die ambulanten Behandlungen im Spital einzuführen. Die Swiss DRG AG, eine gemeinsame Firma von Spitälern, Kassen und Kantonen, hat schon die Fallpauschalen für den stationären Bereich festgelegt. Ihre Experten sind derzeit daran, diese Berechnungen für ambulante Eingriffe zu wiederholen.
Schon im September wollen sie ihrem Verwaltungsrat ein Konzept vorlegen. «Erste Pauschalen könnten – so sie denn genehmigt werden – ab 2020 national einheitlich in Kraft treten», sagt Swiss-SRG-Sprecher Simon Hölzer.
Wie sehr die beiden Massnahmen nottun, zeigt Folgendes: Jeder Schweizer verursachte 2016 Gesundheitskosten von 803 Franken – pro Monat! Das sind 21 Franken mehr als noch im Jahr zuvor. Kein Wunder, kommen da Ideen auf wie die von CSS-Chefin Philomena Colatrella (49), die die Franchise auf 10'000 Franken anheben wollte und einen wahren Entrüstungssturm entfacht hat (BLICK berichtete).
Insgesamt stiegen die Kosten im Gesundheitswesen von 2015 auf 2016 um drei Milliarden auf total 80,7 Milliarden Franken. Der Löwenanteil des Anstiegs – 1,3 Milliarden – entfiel auf die Spitäler. Und da schlägt der spitalambulante Bereich voll auf die Prämien.