Sie haben die Frankenkrise gemeinsam in Angriff genommen. Jetzt gehen sie gemeinsam daraus hervor. Stadler-Rail-Chef und SVP-Grösse Peter Spuhler (56). Und Unia-Hansdampf und SP-Nationalrat Corrado Pardini (50).
«Dieser Handschlag macht Mut», titelte BLICK im Februar, als sich die zwei Charakterköpfe im Hotel Radisson am Flughafen Zürich auf einen Krisenpakt mit 45-Stunden-Woche geeinigt hatten. Man befürchtete damals das Schlimmste. Experten waren überzeugt, dass die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Währungshüter einen Flurschaden in der Schweiz hinterlassen würde. Mit steigender Arbeitslosigkeit. Mit ruckartiger Deindustrialisierung.
Gestern trafen sich Spuhler und Pardini erneut. Wieder im Radisson am Flughafen. Und sie besiegelten einen Deal, von dem im Februar niemand zu träumen gewagt hätte: den wohl besten Gesamtarbeitsvertrag der hiesigen Maschinenindustrie. Spuhler und Pardini besiegelten das Ende des Ausnahmezustands, das Ende der Krise. Folgende Eckpunkte gelten ab Januar für die rund 3000 Schweizer Mitarbeiter der Stadler-Gruppe:
- Die Wochenarbeitszeit-Erhöhung auf 45 Stunden wird per Ende Jahr aufgehoben. Gegenüber dem alten GAV müssen die Büezer aber pro Woche knapp eine halbe Stunde mehr arbeiten.
- Die Mindestlöhne werden auf breiter Front um 200 Franken angehoben. Wer von einer Fachhochschule kommt, bekommt 6200 Franken. Für ungelernte Hilfsarbeiter gibts mindestens 4200 Franken. Selbst für Lehrlinge sind Mindestlöhne definiert: Sie reichen von 650 bis 1400 Franken.
- Ab dem 58. Altersjahr geniessen Mitarbeiter bei Umstrukturierungen neu einen besonderen, im GAV verankerten Schutz. Auch die übrigen Mitarbeiter haben mehr Arbeitsplatzsicherheit.
Pardini ist zufrieden mit dem Resultat, auch wenn er lieber noch mehr herausgeholt hätte. Der Gewerkschafter lobt Spuhler als «harten, aber fairen Verhandler». Einig sei man sich, dass die Schweiz eine starke Industrie brauche. «Die Branche ist auf gute Leute angewiesen. Damit sie nicht in den Dienstleistungsbereich abwandern, brauchen wir gute Arbeitsbedingungen», ist Pardini überzeugt.
Peter Spuhler sagt zum neuen GAV: «Es handelt sich um einen sehr fairen Vertrag. Beide Seiten haben einen Schritt zur Stärkung des Werkplatzes Schweiz geleistet.» Für Pardini ist der nun unterzeichnete Vertrag ein «leuchtendes Beispiel» für die Schweizer Sozialpartnerschaft. «Ich hoffe, andere Firmen nehmen sich ein Beispiel daran.» Nachdem er im Februar «in den sauren Apfel gebissen» habe, sei er froh über die Normalisierung.
Ist denn die Frankenkrise nun vorbei? «Keineswegs, sie ist noch immer voll da», ist der Berner überzeugt. Das sieht auch der Patron der Erfolgsfirma so: «Wir haben zwar im Moment eine gute Auslastung, aber wir verdienen wegen dem starken Franken kein Geld», erklärt Spuhler.