Mehr Kosovo-Flüchtlinge, trotzdem weniger Diskussionen
Wieso sorgen Eritreer für derart Zoff?

Allenthalben ist von Asylchaos die Rede. Nur: Vor weniger als 20 Jahren beherbergte die Schweiz viel mehr Flüchtlinge. Was ist heute anders?
Publiziert: 06.08.2015 um 21:26 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:25 Uhr

Herr Frey, Simonetta Sommaruga hat heute das Schweizer Asylwesen erneut verteidigt. Doch die Stimmung ist angespannt. Woran liegt das?
Hauptsächlich an der Politik – es ist Wahljahr. Dass die SVP das Thema bewirtschaftet ist nicht neu und war zu erwarten. Was mich erstaunt ist, dass Mittepolitiker auf den Zug aufspringen. Dabei hat uns die Geschichte gelehrt, dass immer die Extremisten gewinnen, wenn die gemässigten Kräfte auf ihre Linie einlenken. Die Leute wählen im Zweifelsfall das Original.

Diese Erklärung ist zu billig. Das Thema beschäftigt heute nicht nur SVP-Wähler wie kaum je zuvor – dabei hat die Schweiz schon höhere Zahlen von Flüchtlingen beherbergt. Trotzdem braucht es heute Armeezelte, sogar Klöster und Hotels werden benötigt.
Das stimmt. Ende der 90er-Jahre hatten wir fast doppelt so viele Asylgesuche wie heute, namentlich aus dem Kosovo. Zum Zeitpunkt ihrer Einreise waren diese Flüchtlinge akzeptiert. Das hat damit zu tun, dass viele von ihnen bei Verwandten unterkommen konnten. Hinzu kommt, dass sie uns geographisch und kulturell näher standen als etwa die Eritreer. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Eritreer ebenso unseren Schutz brauchen wie die Syrer oder früher die Menschen vom Balkan.

Kantone fordern, die Gesuche von Eritreern restriktiver zu beurteilen. Werden sie zu den neuen Sündenböcken?
Davon gehe ich aus. Weil schon viele von ihnen da sind, tun sie sich zusammen. Und da sie zum Nichtstun verurteilt sind, hängen die meist jungen Männer an öffentlichen Plätzen herum. Das mögen Schweizer nicht und die Politik nutzt das eiskalt aus.

Inwiefern?
Seit den Überfremdungsinitiativen von James Schwarzenbach haben wir «gute» und «schlechte» Flüchtlinge, weil Politiker sich im Thema zu profilieren versuchen. Früher waren es die Tamilen, heute vielleicht die Eritreer. Gegen solche Vorverurteilungen müssen wir uns wehren. Das beste Mittel dagegen ist eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft. (Interview: vuc)

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