Mehr Freiheiten – oder gleich privatisieren?
Da geht die Postfinance ab!

Postfinance soll künftig im Inland direkt Kredite und Hypotheken vergeben dürfen, fordert der neue Post-Präsident Urs Schwaller. SVP-Banker Thomas Matter lehnt dies ab. Die zuständige Ständeratskommission hingegen lädt Schwaller nun zur Anhörung.
Publiziert: 31.05.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:55 Uhr
Urs Schwaller gibt der Postbank-Debatte neuen Auftrieb.
Ruedi Studer

Der neue Post-Präsident und frühere CVP-Ständerat Urs Schwaller gibt der Postbank-Debatte neuen Auftrieb: «Die Kredit- und Hypothekenvergabe durch Postfinance muss ein Thema werden», sagt er im BLICK-Interview. Angesichts des Tiefzins-Marktumfelds macht er klar: «Wir brauchen dringend neue Geschäftsfelder. Nur so kann die Post ihre finanzielle Basis halten.»

Mit seiner Forderung stösst Schwaller auf Widerstand. «Der freie Markt funktioniert in diesem Bereich problemlos, da hat der Staat und damit Postfinance nichts zu suchen», sagt SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter (ZH). «Es mach keinen Sinn, wenn überall staatliche Postbank-Filialen eröffnet werden und andere Bankfilialen schliessen müssen.» Für Matter ist klar: «Wird Postfinance zur Postbank gibt es nur eines: Dann muss sie so rasch wie möglich privatisiert werden!»

SVP-Nationalrat Thomas Matter (ZH): «Wird Postfinance zur Postbank gibt es nur eines: Dann muss sie so rasch wie möglich privatisiert werden!»
Foto: Jorma Müller

Banken sind sich uneinig

Auch der Verband Schweizerischer Kantonalbanken steht dem Ansinnen ablehnend gegenüber: «Wir haben eine vielfältige Bankenlandschaft und einen funktionierenden Wettbewerb. Ein staatliches Aktivwerden über die Grossbank Postfinance wäre nur berechtigt, wenn der Markt versagt hätte – das ist aber nicht der Fall», sagt Verbandssprecher Christian Leugger. Mit der Aufhebung des direkten Kreditvergabeverbots würden sich zudem beträchtliche volkswirtschaftliche Risiken ergeben, warnt er. «Die von Urs Schwaller beziehungsweise der Motion von Ständerat Zanetti geforderte Ausweitung der Postfinance-Geschäftsfelder lehnen wird daher ab.»

Lockerer sieht man die Frage bei der Schweizerischen Bankiervereinigung, bei welcher auch Postfinance seit kurzem Mitglied ist. «In dieser Frage muss in erster Linie die Politik entscheiden, ob der Bund als Anteilseigner die Risiken im Hypothekar- und Kreditgeschäft tragen will», sagt Sprecher Thomas Sutter. Aus Wettbewerbsgründen erachte man eine Postbank zwar nicht als zwingend nötig, aber man werde diese auch nicht bekämpfen – sofern die ordnungspolitischen Voraussetzungen erfüllt sind. «Für uns ist einzig wichtig, dass die Regulierung für alle gleich ist. Wir fordern gleich lange Spiesse für alle.»

Zanetti-Motion für Postbank

Die Postbank-Frage beschäftigt aktuell auch Bundesbern. Im Ständerat ist eine entsprechende Motion von SP-Mann Roberto Zanetti (SO) hängig. «Heute ist Postfinance überproportional zu Auslandanlagen gezwungen und finanziert so ausländische Unternehmen. Das ist doch Blödsinn», sagt Zanetti. «Kann sie stärker im Inland geschäften, lassen sich dadurch auch die volkswirtschaftlichen Risiken der als systemrelevant eingestuften Postfinance vermindern.»

SP-Ständerat Roberto Zanetti (SO): «Heute ist Postfinance überproportional zu Auslandanlagen gezwungen und finanziert so ausländische Unternehmen. Das ist doch Blödsinn!»
Foto: Keystone

Seine Motion stösst im Ständerat auf einigen Support. 19 Ständeräte von links bis rechts haben den Vorstoss letzten Herbst unterzeichnet – auch Urs Schwaller gehörte dazu.

Ständerat will Schwaller anhören

Dass die Forderung Gewicht hat, zeigt auch das Vorgehen der zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Diese will die Thematik nun vertieft prüfen, wie Kommissionspräsident und FDP-Ständerat Olivier Français (VD) bestätigt: «Es ist ein sehr sensibles Thema. Wir werden den neuen Post-Präsidenten Urs Schwaller und Post-Chefin Susanne Ruoff in der Kommission anhören, damit sie uns ihre Position genau erläutern können.» Geplant ist die Anhörung für den 14./15. August. Damit wird sich der Ständerat voraussichtlich in der Herbstsession mit der Motion befassen.

Ob sie da dank dem Schwaller-Netzwerk eine Chance hat? «Es ist sicher kein Nachteil, dass Schwaller zu den Unterzeichnern gehört», meint Zanetti. Trotzdem dürfte es schwierig werden. FDP-Mann Français jedenfalls macht keinen Hehl daraus, dass er selbst Zanettis Ansinnen ablehnend gegenüber steht. 

FDP-Ständerat Olivier Français (VD): «Wir werden den neuen Post-Präsidenten Urs Schwaller und Post-Chefin Susanne Ruoff in der Kommission anhören, damit sie uns ihre Position genau erläutern können.»
Foto: EQ Images
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