Mehr Ausländer, weniger Filz, kein Militär
So tickt die Oberschicht der Schweiz

Das Militär hat seine Funktion als Führungsschule der Schweizer Eliten verloren. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Uni Lausanne.
Publiziert: 15.07.2015 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:29 Uhr

Die Wissenschaftler haben prominente Führungspersonen über hundert Jahre miteinander verglichen – und zeigen gewaltige Unterschiede auf.

So gehört heute nur noch jeder Vierte Offizier der Armee zu den Eliten im Land. 1980 war es noch fast jeder Zweite, im Jahr 2000 noch etwa mehr als jeder Dritte.

Zur Elite gehören jene Personen, die wegen ihrer Positionen oder Ressourcen in der Lage sind, die Entwicklung einer Gesellschaft zu beeinflussen.

Die wirtschaftliche Elite der Schweiz wird immer internationaler. So ist der Anteil ausländischer Top-Manager im Land innert 30 Jahren von 3,7 auf 34,5 Prozent hochgeschnellt. «Bis ins Jahr 2000 haben sich die Manager der schweizerischen Unternehmen europäisiert; erst nach der Jahrtausendwende auch globalisiert», heisst es in der Studie.

Derweil hat die Verflechtung der Eliten in Politik, Wirtschaft und Verwaltung – der klassische Filz – laut Studie die Jahrtausendwende nicht überlebt. Die Lockerung zwischen wirtschaftlichen, politischen und administrativen Eliten sei von der Wirtschaft ausgegangen: Befeuert durch neue Management-Prinzipien, den Fokus auf das Aktionärsvermögen und die Möglichkeiten eines liberalisierten Finanzmarkts, begannen die Unternehmen, ihre Funktionsweise radikal zu verändern.

Die Industrieunternehmen finanzierten sich fortan verstärkt über die Finanzmärkte. Die grossen Banken betätigten sich zunehmend im Investment Banking und reduzierten ihre traditionellen Aktivitäten als Kreditgeber der Industrie. Als Folge nahm der Austausch von Verwaltungsräten zwischen Unternehmen seit den 1990er Jahren stark ab.

Heutige Top-Manager hätten keine Zeit, um sich in der Politik zu engagieren, sie seien auch oft keine Schweizer, schreiben die Autoren. Die wirtschaftlichen Eliten hätten sich von den Eliten in Politik und Verwaltung abgespalten.

«Der Filz hat stark abgenommen», sagt Studienautor Felix Bühlmann. Den wirtschaftlichen Einfluss übten heute die Lobbyisten aus. «Wir sind in einer Phase des Übergangs», sagte er. Typischerweise würden in solchen Übergangsphasen Kämpfe zwischen Platzhaltern und Herausforderern entbrennen. (nmz/SDA)

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