Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat heute gleich zwei heisse Eisen der Ausländer- und Asylpolitik angepackt. Bevor sie vor den Medien in Bern die Position des Bundesrats zur Kündigungsinitiative der SVP vorstellte, präsentierte die Justizministerin ein neues Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisengebieten.
Resettlement-Programm soll fortgeführt werden
Seit 2013 hat die Schweiz im Rahmen des Resettlement-Programms des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR insgesamt 3500 Flüchtlinge aufgenommen. Die Kontingente waren jeweils für einen bestimmten Zeitraum gesprochen worden. Das letzte Kontingent laufe im nächsten Jahr aus, so Sommaruga.
Heute hat der Bundesrat deshalb ein weiteres beschlossen: 800 Flüchtlinge sollen im Verlauf des nächsten Jahres aufgenommen werden. Es handelt sich dabei um von der Uno anerkannte und besonders verletzliche Flüchtlinge, die vorher vom Nachrichtendienst geprüft werden.
1500 bis 2000 Flüchtlinge pro Jahr
Auch in den Folgejahren will der Bundesrat Kontingentsflüchtlinge aufnehmen. Dafür haben Kantone, Gemeinden und Städte in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Migration ein neues Konzept ausgearbeitet. Statt dass immer wieder neu Kontingente beschlossen werden, sollen nun ein fixes Kontingent festgelegt werden, was die Planungssicherheit erhöhen soll. Konkret hat man sich darauf geeinigt, alle zwei Jahre 1500 bis 2000 Flüchtlinge aufzunehmen. Sollten die Asylgesuchszahlen stark ansteigen, könnte die Zahl reduziert oder die Aufnahme der Kontingentsflüchtlinge ganz ausgesetzt werden.
Der Vorschlag geht nun zur Konsultation in die parlamentarischen Aussenkommissionen. Er soll ab 2020 umgesetzt werden.
Kampf gegen irreguläre Migration
Das oberste Ziel sei es immer, Flüchtlingen in der Herkunftsregion Schutz zu gewähren oder die Rückkehr ins Heimatland zu fördern, sagte Sommaruga. Bei verschiedenen Konflikten sei eine Rückkehr aber nicht möglich. Durchschnittlich lebten Flüchtlinge 17 Jahre in Lagern des UNHCR.
Die Aufnahme von Flüchtlingen direkt aus Krisengebieten vermindere zudem die irreguläre Migration und diene dem Kampf gegen Menschenschmuggel und Menschenhandel. Sie verhindere, dass besonders verletzliche Personen - Frauen, Kinder und alte Menschen - die gefährliche Fahrt übers Mittelmeer auf sich nehmen müssten.
Bundesrat gegen Kündigungsinitiative
Zweites Thema der Medienkonferenz war die Begrenzungsinitiative der SVP. Sie sieht eine Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommenes mit der EU vor, sollte es der Schweiz nicht gelingen, das Abkommen innert 12 Monaten neu zu verhandeln.
Der Bundesrat lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Die Initiative würde eine totale Abkehr vom bisherigen bilateralen Weg bedeutet, sagt Sommaruga. Doch genau dafür habe sich die Bevölkerung an der Urne mehrfach ausgesprochen.
Sommaruga warnt vor Fachkräftemangel
Eine Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommen würde, sagte Sommaruga, durch die sogenannte Guillotine-Klausel zudem zur Kündigung sämtlicher Abkommen der Bilateralen I führen. Das hätte einschneidende wirtschaftliche Konsequenzen, so die Justizministerin.
Die Schweiz sei ausserdem mit einem Fachkräftemangel konfrontiert. In den nächsten zehn Jahren würden rund eine Million Arbeitskräfte in Pension gehen, sagte Sommaruga. «Ich gehöre auch dazu.» Eine Kündigung der Personenfreizügigkeit würde das Problem massiv verschärfen, ist sie überzeugt. Der Bundesrat hat das Justiz- und Polizeidepartement nun beauftragt, bis kommenden August eine Botschaft zur Initiative auszuarbeiten. (lha/SDA)