Parmelin zum Indien-Deal
«Abkommen ist für einige Jahre ein Wettbewerbsvorteil»

Für Wirtschaftsminister Guy Parmelin bedeutet das Efta-Freihandelsabkommen mit Indien für einige Jahre einen Wettbewerbsvorteil. Da grosse Wirtschaftsmächte protektionistische Massnahmen verstärkten, sei es für kleine Länder wichtig, ihre Märkte zu diversifizieren.
Publiziert: 11.03.2024 um 09:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2024 um 12:46 Uhr

«Ich bin stolz, dieses Abkommen unterschrieben zu haben», sagte der Wirtschaftsminister am Montag in Bern vor den Medien. Vor fast 16 Jahren hatten die Verhandlungen der Efta-Staaten begonnen. Der Weg zum Abkommen sei lang und kurvig gewesen, berichtete Parmelin.

Am Sonntag hatte er das Freihandelsabkommen der Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) in Neu-Delhi unterzeichnet, zusammen mit seinen Amtskollegen aus Island, Liechtenstein und Norwegen. Für Indien hatte Handelsminister Piyush Goyal unterschrieben.

Heute noch hohe Zölle


Das Abkommen sei zu einem Zeitpunkt zustande gekommen, da Indien seine Freihandelsbeziehungen intensiviere, sagte Parmelin. Die Efta-Staaten seien die ersten europäischen Partner, die ein Freihandelsabkommen mit Indien unter Dach und Fach brächten. Dies garantiere eine gewisse Versorgung.

Indien sei das bevölkerungsreichste Land der Welt. Vor allem die wachsende Mittelschicht gebe dem Land viel Wachstumspotenzial, führte Parmelin aus. Das Abkommen sei für die Schweiz ein Meilenstein in der Aussenwirtschaftspolitik, aber auch in der Aussenpolitik allgemein. Der Freundschaftsvertrag zwischen der Schweiz und Indien wurde 2023 75 Jahre alt.

Indien erhebt heute auf die meisten importierten Waren sehr hohe Zölle. Das Land wird nun die Zölle auf rund 95 Prozent der aus der Schweiz eingeführten Industrieprodukte - Ausnahme ist Gold - sofort oder nach Übergangsfristen abschaffen oder teilweise liberalisieren.

Zugeständnisse bei Landwirtschaft

Darüber hinaus wird Indien der Schweiz nach einer Übergangszeit von bis zu zehn Jahren den zollfreien Zugang zu seinem Markt für bestimmte Agrarprodukte gewähren. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exporte nach Indien gestärkt.

Die Zugeständnisse, die die Schweiz Indien bei landwirtschaftlichen Produkten macht, stünden im Einklang mit den bestehenden Freihandelsabkommen, betonte Parmelins Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Sonntag. Sie lägen auf der Linie der Schweizer Landwirtschaftspolitik.

Auch bei den geistigen Eigentumsrechten bringt das Abkommen Verbesserungen, namentlich in Bezug auf die Rechtssicherheit, die Patentverfahren und den Schutz der Bezeichnung «Schweiz» (Swissness).

Der Zugang zu Medikamenten in Indien sei damit in keiner Weise gefährdet, versicherte Parmelin. Das Abkommen entspreche nicht nur den von Neu-Delhi geforderten Garantien, sondern auch den von Nichtregierungsorganisationen vorgebrachten Bedenken.

Das Abkommen soll Schweizer Wirtschaftsakteuren zu einem breiten Zugang zum indischen Markt verhelfen. Diese sollen zudem von verbesserten rechtlichen Bedingungen, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit profitieren.

Das Freihandelsabkommen der Efta-Staaten mit Indien enthält neben Bestimmungen zu Zöllen und geistigem Eigentum ein rechtsverbindliches Kapitel über nachhaltigen Handel und nachhaltige Entwicklung. Angesprochen werden darin insbesondere das Arbeitsrecht, die Menschenrechte und der Umweltschutz.

«Junge Nation»

Ein weiteres, in den Worten Parmelins «neuartiges» Kapitel betrifft die Förderung von Investitionen auf indischem Boden durch Efta-Unternehmen. Ohne diesen Teil wäre es laut dem Waadtländer enorm schwierig gewesen, ein ausgewogenes Abkommen zu haben.

«Indien ist eine junge Nation, die Infrastrukturen, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Nachhaltigkeit braucht», fuhr Parmelin fort. Das Land positioniere sich unter den grossen aufstrebenden Mächten.

Indien sei sich bewusst, dass es die Technologien aus den Efta-Ländern brauche, sagte Parmelin und verwies auf Island, das im Bereich der erneuerbaren Energien führend sei. Für die Efta und die Schweiz sei das Abkommen mehr als Entwicklungshilfe. Es sei eine Investition in eine junge Bevölkerung, und es ermögliche die Schaffung von Millionen von Arbeitsplätzen vor Ort.

Der Bundesrat sprach von einer Win-Win-Situation. Das Verfahren zur Genehmigung durch das Parlament wird nun eingeleitet, damit Bern das Abkommen spätestens 2025 ratifizieren kann. (SDA)

11.03.2024, 10:27 Uhr

Kein expliziter Menschenrechts-Dialog

Die Menschenrechte werden in der Prämbel erwähnt, dazu komme ein Nachhaltigkeitskapitel, sagt Chefverhandler Schlagenhof. Dafür gebe es einen Unterausschuss. Ein expliziter Menschenrechtsdialog sei aber nicht geplant.

Damit ist die Medienkonferenz beendet. 

11.03.2024, 10:25 Uhr

«Schwieriger Partner»

Indien sei ein «schwieriger Partner» und werde ein solcher bleiben, sagt der Chefverhandler Schlagenhof. Die Schweiz könne aber pragmatisch mit ihnen umgehen. Die persönlichen Kontakte können wichtig sein, bei der Streitbeilegung.

11.03.2024, 10:15 Uhr

«Zankapfel» während Verhandlungen

Was ist wichtiger: Ein EU-Abkommen oder ein Freihandelsabkommen?, so eine Frage. Parmelin sagt, dass seien zwei verschiedene Abkommen. Dass das Freihandelsabkommen mit Indien bei den EU-Verhandlungen der Schweiz eine bessere Position gibt, glaubt Parmelin nicht. 

Eine weitere Frage lautet, warum die Schweiz plötzlich als erstes ein Abkommen abschliessen kann. Die Efta-Staaten würden einen «Eintritt» in den europäischen Markt erlauben, sagt Philipp Reich, Chef der schweizerisch-indischen Handelskammer. Markus Schlagenhof ergänzt, es hätte eine intensive Verhandlungsdiplomatie stattgefunden, die das gemeinsame Verständnis gestärkt habe. 

Bei der Personenfreizügigkeit gebe es keine Erleichterungen, also kein separates Kontingent für Indien. Das sei ein «Zankapfel» während der Verhandlungen gewesen, so der Chefverhandler.

11.03.2024, 10:02 Uhr

Indien profitiert im Textilbereich

Indien profitiere im Textilbereich, sagt Chefverhandler Markus Schlagenhof. Ein wichtiger Punkt für Indien sei auch im Patentrecht. Das Investitionskapitel habe das Abkommen dann «ausgewogen» gemacht. 

11.03.2024, 09:46 Uhr

Economiesuisse: «Starkes Signal»

Christoph Mäder von Economiesuisse erklärt, was das Abkommen für die Wirtschaft bedeutet. Es sei ein «starkes Signal» für Marktöffnung, gar von einem «Meilenstein». «Das die Schweiz ein solches Abkommen aushandeln konnte ist ein grosser Erfolg.» Indien würde hohe Wachtumsraten erwarten. Die Industrie profitiere von Zollerleichterungen. «Angesichts der hohen Wachstumsdynamik in Indien erhält die Schweiz einen Vorteil.»

Mäder betont auch die Forschung und das Patentrecht. Es gäbe «wichtige Klarstellungen». Auch Indien brauche den Schutz ihrer eigenen Innovationen. Mäder spricht auch über Investitionen in Indien, die das Land brauche.

Ins gleiche Horn bläst auch Martin Hirzel von Swissmem. Das Abkommen erfülle die Bedürfnisse der Industrie. Das Abkommen schaffe eine «Win-Win-Win» Situation.

Bis 2025 soll das Abkommen in Kraft treten, so der Wunsch des Bundesrates.

11.03.2024, 09:32 Uhr

Landesversorgung breiter aufstellen

Nun beginnt die Medienkonferenz mit Bundesrat Guy Parmelin und vier Wirtschaftsvertretern. «Die Welt ist heute nicht mehr die gleiche, wie vor 16. Jahren», beginnt Parmelin. Für kleine Staaten wie die Schweiz sei es zentral, für die Wirtschaft unterschiedliche Märkte zu öffnen. Man setze ein «Zeichen für Freihandel». So stelle man die Lieferketten und die Landesversorgung breiter auf. 

Nachdem Parmelin das Abkommen im Detail erklärt hat, betont er die «historische Dimension» des Deals. Man schliesse eine Lücke, so der Wirtschaftsminister. Die EU hat noch kein Freihandelsabkommen mit Indien. Man könne mit dem neuen Abkommen das Potenzial von Indien fördern. «Es ist noch nicht ausgeschöpft.» Es würden neue Arbeitsplätze geschaffen, so der Bundesrat. 

11.03.2024, 09:07 Uhr

Parmelin informiert zum Freihandelsabkommen

Um 9.30 Uhr beginnt die Medienkonferenz mit Bundesrat Guy Parmelin und Wirtschaftsvertretern zum Freihandelsabkommen mit Indien. Blick berichtet live. 

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