«Wir können es schaffen, wenn alle mitmachen»
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Berset über neue Massnahmen:«Wir können es schaffen, wenn alle mitmachen»

Berset über 2G in Wirtschaft, Kultur und Sport
«Ist es wirklich am Staat, das zu verbieten, in dieser Situation?»

Der Bundesrat verschärft die Corona-Massnahmen ab dem kommenden Montag. Aus den Worten von Gesundheitsminister Alain Berset wurde klar: Die Landesregierung schreibt die Eigenverantwortung wieder gross.
Publiziert: 03.12.2021 um 12:45 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2021 um 16:20 Uhr
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Die Massnahmen des Bundes auf einen Blick.
Foto: admin.ch

Kein Grund zur Panik, aber ernst ist die Lage doch. Das ungefähr war die Grundaussage von Alain Berset (49) nach der Bundesratssitzung vom Freitag.

Kein Grund zur Panik, aber ernst ist es doch. So lesen sich auch die Massnahmen, die der Bundesrat verfügt hat. Ab Montag, 6. Dezember, gelten folgende Massnahmen:

  • Ausweitung der Zertifikatspflicht: Die 3G-Zertifikatspflicht gilt neu in Innenräumen für alle öffentlichen Veranstaltungen sowie für alle sportlichen und kulturellen Aktivitäten von Laien. Die bestehende Ausnahme für beständige Gruppen unter 30 Personen wird aufgehoben. Zudem gilt neu bei Veranstaltungen im Freien bereits ab 300 Teilnehmenden eine Zertifikatspflicht. Bisher lag die Grenze bei 1000 Teilnehmenden.
    Auch bei Treffen im Familien- und Freundeskreis in Innenbereichen gilt künftig ab 11 Personen die dringliche Empfehlung, das Zertifikat einzusetzen.

  • Ausweitung der Maskenpflicht: Eine Maskenpflicht gilt drinnen neu überall dort, wo eine Zertifikatspflicht gilt – ausser bei privaten Treffen.
    Wo Maskentragen nicht möglich ist, gelten Ersatzmassnahmen: eine Sitzpflicht für die Konsumation im Restaurant oder das Erheben der Kontaktdaten bei Kultur- und Sportaktivitäten wie Chorproben oder Hallentrainings.

  • Möglichkeit zur Beschränkung auf 2G: Alle öffentlichen Einrichtungen mit Zertifikatspflicht sowie alle Veranstaltungen innen und aussen haben zudem die Möglichkeit, den Zutritt auf geimpfte und genesene Personen (2G) zu beschränken und auf eine Maskenpflicht zu verzichten. Zu diesem Zweck muss die Prüf-App für die Covid-Zertifikate erweitert werden. Diese Anpassung wird erst per 13. Dezember 2021 zur Verfügung stehen. Bis dann müssen die Betreiber der Einrichtungen oder die Veranstalter manuell prüfen, ob die entsprechende Person geimpft oder genesenen ist.

  • Dringliche Homeoffice-Empfehlung: Um die Kontakte am Arbeitsplatz zu reduzieren, gilt eine dringliche Homeoffice-Empfehlung. Zudem müssen alle Mitarbeitende in Innenräumen eine Maske tragen, in denen sich mehrere Personen aufhalten.

  • Beschränkung der Gültigkeitsdauer der Testzertifikate: Die Gültigkeitsdauer der Antigen-Schnelltests wird von 48 Stunden auf 24 Stunden reduziert – ab dem Zeitpunkt der Probeentnahme. PCR-Tests sind nach wie vor 72 Stunden gültig.

  • Aufhebung der Kapazitätsbeschränkungen: Gemäss einer Vorgabe des Covid-19-Gesetzes sind Kapazitätsbeschränkungen für öffentlich zugängliche Einrichtungen und Betriebe sowie Veranstaltungen und private Zusammenkünfte aufzuheben, sobald der impfwillige erwachsene Teil der Bevölkerung «ausreichend geimpft» ist. Deshalb werden die verbleibenden Kapazitätsbeschränkungen aufgehoben, etwa für religiöse Zusammenkünfte, im Bildungsbereich und für Veranstaltungen draussen. Die Kantone können weiterhin Kapazitätsbeschränkungen vorsehen.

Ab morgen, Samstag, 4. Dezember, gilt:

  • Einreise – Quarantäne aufgehoben, Testpflicht verstärkt: Der Bundesrat hat an seiner Sitzung auch die Einreisebestimmungen geändert. Sämtliche Länder werden von der Quarantäneliste gestrichen. Um die Einschleppung der neuen Omikron-Variante weiterhin möglichst zu verhindern, gilt bei sämtlichen Einreisen in die Schweiz neu eine Testpflicht – auch für geimpfte und genesene Personen. Neben einem PCR-Test vor der Einreise ist ein zweiter Test (PCR-Test oder Antigen-Schnelltest) zwischen dem vierten und dem siebten Tag nach der Einreise durchzuführen. Die Testkosten müssen von den Einreisenden selber getragen werden. Nicht geimpften Drittstaatsangehörigen aus Risikoländern oder -regionen wird die Einreise in die Schweiz verweigert. Ausgenommen sind Einreisen zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder bei Härtefällen.

2G durch die Hintertür

Wirklich neu ist die Möglichkeit, dass Restaurants, Clubs und Veranstalter statt 3G und Maskenpflicht auch auf 2G setzen. Der Bundesrat kam damit einem Wunsch der Clubbetreiber entgegen. Entscheidet sich ein Club oder ein Restaurant für 2G und lässt nur noch Geimpfte und Genesene rein, entfällt sowohl die Maskentragpflicht als auch die Vorschrift, nur im Sitzen zu essen und zu trinken.

Berset sagte, dass 2G nicht nur für Kultur und Nachtleben eine Option sei. «Wenn ein Betrieb 2G einführen will – ist es wirklich am Staat, das zu verbieten, in dieser Situation?» Viele Unternehmen würden sich 2G wünschen, um Schliessungen zu verhindern, der Bundesrat verfolge die Entwicklung gespannt.

Wie Berset und auch Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit betonten, sind Geimpfte und Genesene deutlich weniger und auch kürzer ansteckend als Ungeimpfte – auch, wenn sie sich selbst anstecken. 2G gebe daher tatsächlich mehr Sicherheit gegen die Übertragung des Virus.

«Wir können das schaffen»

Mit all diesen Massnahmen geht der Bundesrat deutlich weniger als die umliegenden Staaten. Berset gab zu, dass die Schweiz im Vergleich auf Massnahmen setze, «die möglichst wenig eingreifen».

Umso mehr appellierte er an die Eigenverantwortung: etwa bei privaten Treffen, wo die Landesregierung dringend eine Zertifikatspflicht empfiehlt – auch wenn sie diese nicht kontrollieren kann. Es brauche einfach wieder die gleiche Solidarität und Rücksichtnahme wie im letzten Winter. Kontaktreduzierung, Distanzhalten, Handhygiene. «Wir können das schaffen, wenn wir alle mitmachen.»

(Nicht mehr so) leise Kritik an den Kantonen

Was, wenn das nicht reicht? Wenn die Fallzahlen weiterhin steigen, die Betten in den Spitälern noch knapper werden? Gemäss Berset hat sich die Landesregierung noch nicht mit weitergehenden Massnahmen befasst.

Stattdessen rief er die Kantone auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen. So könnten sie weitergehende Massnahmen ergreifen, wenn das nötig sei, und dafür sorgen, dass die Spitäler genug Kapazitäten zur Verfügung haben. Der Bundesrat sparte bei dieser Gelegenheit nicht mit Kritik. Dass Kantone, die eine Überlastung der Spitäler beklagen, gleichzeitig die vorgeschlagenen Massnahmen als zu weitgehend ablehnen, habe ihn «erstaunt».

Auch beim Boostern gehe es zu wenig schnell, kritisierte er. Und gab gleichzeitig bekannt, dass Jura, Wallis und Neuenburg wegen Schwierigkeiten, mit der Drittimpfung voranzukommen, um Unterstützung der Armee angefragt haben. Der Bundesrat werde demnächst darüber entscheiden.

MK Berset 3.12.

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