Mit 24 zu 16 Stimmen
Ständerat will umfassenden Medienartikel in der Bundesverfassung

Der Ständerat will den Medienartikel in der Bundesverfassung so ändern, dass nicht nur Radio und Fernsehen, sondern auch Presseunternehmen direkt gefördert werden könnten. Er hat am Dienstag einer parlamentarischen Initiative mit 24 zu 16 Stimmen Folge gegeben.
Publiziert: 15.12.2020 um 13:09 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2020 um 13:30 Uhr
Der Ständerat will in der Bundesverfassung verankern, dass auch die gedruckte Presse von einer direkten staatlichen Förderung profitieren könnte. (Archivbild)
Foto: GAETAN BALLY

Die Initiative stammt von alt Ständerat Filippo Lombardi (CVP/TI). Die Presse bleibe für die Meinungsbildung bei Wahlen und Abstimmungen nachweislich das wichtigste Medium, hatte er seinen Vorstoss begründet. Wie Radio und Fernsehen würde die Presse einen Service public erfüllen. Dies rechtfertige eine direkte Presseförderung.

Lombardi schlug deshalb einen «Medienartikel» für die Verfassung vor, der sämtliche Sparten umfasst und technologie-neutral formuliert ist. Auch die Mehrheit der Fernmeldekommission des Ständerats (KVF-S) erachtet die Initiative als sinnvoll, wie Präsident Stefan Engler (CVP/GR) ausführte.

Der Handlungsspielraum des Bundes solle grösser werden, angesichts neuer Technologien und dem veränderten Berufsbild der Journalisten, fand Engler. Unterstützung erhielt die Initiative von SP, Grünen und den Vertreterinnen und Vertretern der Mitte-Fraktion.

Beat Rieder (CVP/VS) stellte fest, dass bei der gedruckten Presse eine bisher nicht gesehene Konzentration laufe, vor allem in der französischsprachigen Schweiz. «Fast jedes Jahr verschwinden Titel.» Charles Juillard (CVP/JU) legte ein Wort ein für regionale Medien. Diese brauchten Sicherheit.

FDP und SVP lehnten den Vorstoss ab. Die im Parlament hängigen Massnahmen zur Unterstützung der Medien könnten mit der aktuellen Verfassungsbestimmung umgesetzt werden, sagte Olivier Français (FDP/VD). Die verlangte Verfassungsänderung laufe der Pressefreiheit und der Meinungsvielfalt zuwider.

Wolle man Medien helfen, brauche es gezielte Eingriffe auf Gesetzesstufe, fand Français und warf die Frage auf, weshalb per Verfassungsbestimmung private Unternehmen unterstützt werden sollten.

Auch wenn eine konkrete Vorlage für die Unterstützung der Medien in Arbeit sei, sollte die Verfassungsgrundlage zur Medienförderung unter die Lupe genommen und allenfalls renoviert werden, hielt Paul Rechsteiner (SP/SG) dagegen. Zu den Bedenken von Français sagte er, dass die Verfassung die Medienfreiheit garantiere.

Der fragliche Artikel 93 der Bundesverfassung regelt heute lediglich Radio und Fernsehen. Andere Medien sind nur nebenbei erwähnt. Demnach ist «auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, Rücksicht zu nehmen».

Strittig ist auch die Formulierung der «anderen Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung». Es steht die Frage im Raum, ob für diesen Medienbereich Leistungsaufträge und damit einhergehende Fördergelder zulässig sind oder nicht.

Klar ist, dass der Bund heute keine verfassungsrechtliche Grundlage hat für die Regulierung und die direkte Förderung der Presse. Initiant Lombardi bezeichnete das als «nicht mehr zeitgemäss».

Kritiker des geltenden Medienartikels geben zu bedenken, dass die Presse neu auch im Vergleich zu Onlinemedien benachteiligt werden könnte. Im neuen Mediengesetz, über das der Nationalrat voraussichtlich im Frühling ein nächstes Mal diskutieren wird, sollen Onlinemedien neu förderberechtigt sein. Dieser Punkt ist aber umstritten.

Die Initiative geht nun an den Nationalrat. Dessen vorberatende Kommission hatte sich im September 2019 - also vor der Neubesetzung des Parlaments - mit 15 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung dagegen ausgesprochen. Würde das Parlament dennoch einer Verfassungsänderung zustimmen, wäre bei einer Abstimmung das Volks- und Ständemehr erforderlich.

(SDA)

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