Mazedonien machte Grenze dicht
Führt die neue Flüchtlings-Route über die Schweiz?

Welche Wege suchen sich die Flüchtlinge, wenn die Balkanroute, über die 2015 Hunderttausende nach Europa gelangten, längere Zeit ausfällt? Blick zeigt die wahrscheinlichsten Szenarien.
Publiziert: 28.01.2016 um 23:16 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 21:32 Uhr
Am Dienstag konnten Flüchtlinge noch ins mazedonische Tabanovce (Bild) reisen, am Mittwoch riegelten die Behörden die Grenze zu Griechenland ab.
Foto: AP
Christoph Lenz

Domino auf dem Balkan: Vor einer Woche legte Österreich eine Obergrenze für Asylsuchende fest. Seither schwappt eine Verschärfungswelle über den Balkan. Mittwoch-Mittag kam sie in Mazedonien an, einem wichtigen Transitstaat auf der Balkanroute. Grenze dicht, hiess es für Hunderte Flüchtlinge, die von Griechenland aus nach Westeuropa reisen wollten. 

Um Mitternacht wurde die Grenzschliessung zwar wieder aufgehoben. Dennoch drängt sich die Frage auf: Welche Wege suchen sich die Flüchtlinge, wenn die Balkanroute, über die 2015 Hunderttausende nach Europa gelangten, längere Zeit ausfällt?

Dies sind die wahrscheinlichsten Szenarien:

  • Verschiebung nach Osten: Die naheliegendste Ausweichroute verläuft von Griechenland aus über Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Diese Route bietet mehrere Vorteile: Sie ist auf dem Landweg zu bewältigen – und damit günstig und relativ ungefährlich. Die Umgehung des ungarischen Grenzzauns ist einfach. Zudem liegen die Zielstaaten vieler Flüchtlinge – Deutschland und die skandinavischen Staaten – auf der natürlichen Verlängerung dieser Route.

  • Variante über den Westbalkan: Je nachdem, wo die Balkanroute dereinst staut, ist auch eine Verschiebung nach Westen denkbar. Statt über Österreich und Bayern könnten die Flüchtlinge von Slowenien aus via Italien nach Westeuropa gelangen. Von diesem Szenario wäre wohl auch die Schweiz betroffen: Flüchtlinge mit Ziel Deutschland oder Skandinavien könnten versucht sein, von Norditalien aus durch die Schweiz zu reisen.

  • Die Adriaroute: Anders als bei den obigen Achsen müssen Flüchtlinge hier eine teure und gefährliche Überfahrt von Albanien nach Italien auf sich nehmen. Solange es einfachere Wege nach Westeuropa gibt, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Bewegungen auf dieser Route stark anwachsen. Trotzdem geht in Italien und im Tessin die Angst vor Zehntausenden Flüchtlingen auf der Adriaroute um.

Eine Veränderung der Migrationswege bedeutet indes nicht automatisch eine Zunahme der Asylgesuche in den neuen Transitstaaten. Bisher haben sich die Flüchtlinge mehrheitlich zielstrebig in ihr Wunschland bewegt. Viele Faktoren bestimmen, wo Flüchtlinge Asyl beantragen, zu den wichtigsten zählt die Exilgemeinschaft. So kommen viele Flüchtlinge aus Eritrea in die Schweiz, weil sich bereits viele Bürger aus der ostafrikanischen Diktatur hier befinden. Syrer hingegen steuern oft Deutschland und skandinavische Staaten an, weil es dort bereits eine Community gibt.

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