Für die Mitarbeitenden des Stahlwerks Gerlafingen sind es nur bedingt gute Nachrichten. Eine Massenentlassung konnte vorerst abgewandt werden – für wie lange, ist allerdings unklar.
Aus Sicht des Unternehmens führt kein Weg an einem Stellenabbau vorbei, um die Zukunft des Werks zu sichern. Grund dafür sei, dass seit vergangenem Sommer praktisch keine Exporte in die EU mehr möglich seien. Dazu kommen die hohen Energiepreise, die dem Betrieb stark zusetzen. Der grösste Produzent von Recycling-Stahl in der Schweiz beschäftigt rund 540 Mitarbeitende.
35 Personen droht Entlassung
Die drohende Massenentlassung hat im Kanton die Alarmglocken schellen lassen. Die Solothurner Ständerätin Franziska Roth (SP, 57) und SVP-Nationalrat Christian Imark (42) fordern den Bundesrat per Vorstoss auf, das Stahlwerk mit Sofortmassnahmen – notfalls mit Notrecht – zu retten. Auch der Solothurner Regierungsrat wurde aktiv. Die Stahl Gerlafingen sei systemrelevant – nicht nur für den Kanton, sondern für die ganze Schweiz.
Wie Stahl Gerlafingen am Freitag mitteilte, ist die Schliessung einer von zwei Produktionslinien geplant. Älteren Medienberichten zufolge arbeiten 35 Personen an der entsprechenden Produktionslinie. Doch von einer Schliessung dürften weit mehr Angestellte betroffen sein. Das Unternehmen selbst teilt mit, es sei noch nicht klar, welche und wie viele Arbeitsplätze betroffen seien. Zudem müssten zuerst die Sozialpartner informiert werden, bevor die Zahl öffentlich gemacht werden könne.
Entscheid vertagt
Einen definitiven Entscheid hat das Unternehmen auf Druck der Politik aber ausgesetzt. «Wir hatten in den vergangenen Tagen sehr enge Kontakte mit der Politik. Angefangen mit dem Gemeindepräsidenten von Gerlafingen, über die Solothurner Vertreterinnen und Vertreter im nationalen Parlament und die Solothurner Regierung bis zur Bundesverwaltung», so CEO Alain Creteur.
«Sie alle haben uns gebeten, den Entscheid auszusetzen, weil die Politik nochmals einen Effort zur Lösungsfindung leisten will», sagt er. Man wolle einer politischen Lösung nicht im Wege stehen, weshalb man in Absprache mit der Eigentümerfamilie Beltrame einen Entscheid ausgesetzt habe. Es brauche aber rasch eine Lösung.
Politiker fordern rasches Handeln vom Bundesrat
Sollte es doch zur Massenentlassung kommen, komme ein Sozialplan zum Tragen. Zudem wolle man den Abbau möglichst über natürliche Abgänge, also über Kündigungen seitens der Mitarbeitenden selber oder Pensionierungen, erreichen.
SVP-Nationalrat Christian Imark ist froh, dass die Schliessung der Produktionslinie vorerst verhindert werden konnte. Er ist überzeugt, dass der politische Druck dafür wesentlich war. «Das war ein wichtiger Etappensieg. Aber damit ist die Zukunft nicht sicher. Nun müssen die Behörden rasch handeln.»
Auch Ständerätin Franziska Roth sagt: «Ich erwarte jetzt vom Bundesrat, dass er so schnell wie möglich diejenigen Massnahmen umsetzt, die in seiner Verantwortung liegen.» Die SP-Politikerin nimmt aber auch die Beltrame Group, der die Stahl Gerlafingen gehört, in die Pflicht. Sie müsse nun ein klares Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz abgeben.