Martine Brunschwig Graf zum Schweizer-Namen-Zwang im Callcenter
«Das ist entwürdigend – und unschweizerisch!»

Callcenter lassen ausländische Mitarbeiter unter Schweizer Namen arbeiten. Diese fiese Masche stösst bei der Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Martine Brunschwig Graf, auf Kritik.
Publiziert: 26.06.2017 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2023 um 21:35 Uhr
Martine Brunschwig Graf.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Frau Brunschwig Graf, in einem Callcenter wurde Gergana Dabic zu Tanja Werder. Was halten Sie von solchen Alias-Namen?
Martine Brunschwig Graf: Davon halte ich überhaupt nichts. Die Botschaft an die Betroffenen ist doch: «Es gibt gute und schlechte Namen – und dein Name ist weniger wert.» Das ist entwürdigend und diskriminierend. Eine Firma, die eine solche Unterscheidung zulässt, handelt unschweizerisch!

Wieso unschweizerisch?
Die Vielfalt gehört zur Schweizer Identität. Die Bevölkerung und ihre Namen sind vielfältig. Wer entscheidet, was ein typisch schweizerischer Name ist? Eine Firma, die eine solche Klassifizierung vornimmt, bestätigt Vorurteile und Stereotypen.

Wenn der Namenswechsel freiwillig geschieht, ist es doch kein Problem.
Eben doch! Schon nur die Idee ist respektlos. Ihre ganze Identität und Herkunft wird damit in Frage gestellt. Es vermittelt den Betroffenen das Gefühl, Menschen zweiter Klasse zu sein. Das ist gefährlich und nicht vertretbar. Ein Unternehmen hat auch eine soziale Verantwortung. Es sollte sich lieber gegen Diskriminierung engagieren anstatt diese zu bestärken.

Ein «schweizerischer» Name sei vertrauenswürdiger und helfe beim Verkauf, lautet eine Begründung. Das lassen Sie nicht gelten?
Hat diese Firma nur Schweizer Kunden? Im Ernst: Im 21. Jahrhundert kann das kein Thema mehr sein. Ein vielfältiges Team ist gut für eine Firma. Auch für ihr Image.

Das tönt ja schön und gut. Fakt ist aber leider: Mit einem fremd klingenden Namen sind viele in der Arbeitswelt oder auf dem Wohnungsmarkt im Nachteil. Was kann man dagegen tun?
Wir wissen, dass es diese Diskriminierung gibt. Wichtig ist, dass diese Problematik öffentlich diskutiert und anerkannt wird, um sie so zu bekämpfen.

Vor einigen Jahren forderten Secondos und SP-Ständerätin Anita Fetz, dass Ausländer ihren Namen bei der Einbürgerung helvetisieren lassen können, um so der Diskriminierung zu entgehen.
Diese Forderung geht in die falsche Richtung. Statt der Diskriminierung wird der ausländische Name zum Problem gemacht. Das ist völlig verfehlt.

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