«Ich werde mich für die Interessen der Schweiz einsetzen»
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Nationalratspräsident Candinas:«Ich werde mich für die Interessen der Schweiz einsetzen»

Martin Candinas wird Nationalratspräsident
Der höchste Schweizer spricht Rätoromanisch

Aus der Nähe der Rheinquelle an die Aare führte ihn seine politische Laufbahn schon vor Jahren. Nun wird der Bündner Martin Candinas am Montag zum Nationalratspräsidenten gewählt. Und auch der Ständerat wird neu von einer Mitte-Politikerin präsidiert.
Publiziert: 28.11.2022 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2022 um 19:23 Uhr
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Der Graubündner Mitte-Politiker Martin Candinas ist neuer Nationalratspräsident und damit für ein Jahr höchster Schweizer. Der Nationalrat wählte ihn am Montag mit 181 von 188 gültigen Stimmen.
Foto: keystone-sda.ch

Auf Grünen-Nationalrätin Irène Kälin (35) folgt Mitte-Politiker Martin Candinas (42). Der Bündner ist heute turnusgemäss zum Nationalratspräsidenten gewählt worden – und ist damit umgangssprachlich der höchste Schweizer.

Candinas sitzt seit über zehn Jahren in der grossen Kammer. Unter seinen 123 Vorstössen, die er in seinen bisher elf Jahren im Rat eingereicht hat, sind viele typische Bergler-Vorstösse: zur Abfederung der Zweitwohnungsinitiative, die vom Volk angenommen worden war, oder auch zur Eindämmung des Wolfs.

Schweizweit machte Candinas aber eher als Freund der SRG sowie als Verkehrspolitiker und Kämpfer für den Vaterschaftsurlaub von sich reden – und als derjenige, der zu einem Spottpreis an bester Lage in der Berner Altstadt zusammen mit der damaligen Umweltministerin Doris Leuthard (59) und Bundeskanzler Walter Thurnherr (59) in einem Stadtpalais gewohnt hat – in unterschiedlichen Wohnungen, versteht sich.

Gleich zu Beginn ein Highlight

Der grossgewachsene Candinas wohnt längst nicht mehr in Rabius GR, wo er aufgewachsen ist, sondern mit seiner Frau und den drei Kindern in der Kantonshauptstadt Chur. Abgefärbt hat das Städtische bislang aber kaum. Gesellschaftspolitisch ist er nach wie vor eher konservativ eingestellt. So ist er kein Anhänger der «Ehe für alle».

Ein Politiker, der polarisiert, war Candinas aber nie. Eher einer, der kaum anecken mag. Das Amt des Nationalratspräsidenten scheint darum genau das Richtige für ihn zu sein.

Schon in seiner ersten Session wird er die Ersatzwahlen für die zurücktretenden Bundesräte Ueli Maurer (71, SVP) und Simonetta Sommaruga (62, SP) leiten. Insgeheim träume jeder davon, sagte Candinas. Es sei aber nicht zu leugnen, dass Nervosität mitspiele. «Als nach Bundesrat Ueli Maurer auch noch Bundesrätin Simonetta Sommaruga ihren Rücktritt bekanntgab, habe ich schon leer geschluckt», so der Bündner.

Nachhilfe in Romanisch

Für Candinas ist das Amt des Nationalratspräsidenten der bisherige Höhepunkt seiner politischen Laufbahn. Er war mit 26 Jahren als Verkaufsleiter einer Krankenversicherung zum jüngsten Grossrat in Graubünden gewählt worden. 2011 zog er in den Nationalrat ein.

Als einer von bloss drei Rätoromanisch sprechenden Politikern in Bern wird Candinas seine Reden und Sitzungen in seinem Präsidialjahr künftig oft auf Romanisch beginnen, kündigte er an.

Ausserdem plane er für seine Ratskolleginnen und -kollegen eine 30-seitige Broschüre, in der Parlamentsausdrücke in Französisch, Italienisch, Rumantsch Grischun und Sursilvan übersetzt sind. Er selbst lernte erst in der Schule Deutsch. «Ich möchte niemanden mit Rätoromanisch nerven. Dennoch gehört es zu meiner Identität und diese werde ich leben», kündigte Candinas an.

Erste Thurgauerin führt Ständerat

Auch der Ständerat wird ab heute von einer Vertreterin der Mitte präsidiert. Auf den Glarner FDPler Thomas Hefti (63) folgt Brigitte Häberli-Koller (64).

Sie ist die erste Thurgauerin in diesem Amt. Dies sei für ihren Kanton und für sie selber eine grosse Ehre, sagte Häberli. Sie werde diese Aufgabe «mit Freude, Verantwortung und Respekt wahrnehmen».

Die gelernte Kauffrau und Mutter dreier erwachsener Kinder begann ihre politische Karriere im Jahr 1996 als Gemeinderätin in Bichelsee-Balterswil im Hinterthurgau. Im gleichen Jahr wurde sie für die CVP in den Thurgauer Grossen Rat gewählt. 2003 schaffte sie den Sprung in den Nationalrat.

Generationen-Solidarität ist ihr wichtig

2005 wurde Häberli als mögliche Präsidentin der CVP Schweiz gehandelt, wie die Partei bis Ende 2020 hiess, verzichtete dann aber auf das Amt. Bei den eidgenössischen Wahlen 2011 holte sie als erste Frau im Thurgau einen Sitz im Ständerat.

Ihr Präsidialjahr stellt Häberli unter das Motto «Gemeinsam - Ensemble - Insieme - Ensemen». Die grösste Herausforderung sieht sie beim gegenseitigen Verständnis der Generationen. «Die Schweiz hat immer mehr ältere Einwohnerinnen und Einwohner. Die Sozialwerke zu sichern, ist somit eine grosse Aufgabe.» (SDA/pt)

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