Den 11. März 2014 wird Martin Bäumle sein Leben lang nie mehr vergessen. Beim Gehen verspürt der Chef der Grünliberalen einen Druck auf der Brust. «Ich dachte mir nichts dabei, weil die Schmerzen beim Sitzen wieder weg waren.»
Aber am nächsten Morgen ist der Druck noch stärker. Mit seiner Frau Yuliya (34) geht er zum Hausarzt. Der fackelt nicht lange. Schickt Bäumle sofort ins Spital. Dort kommt es zur Notoperation. Die Herzgefässe des 50-Jährigen sind wie verkalkte Röhren, bei denen kaum mehr Wasser durchfliessen kann. Spezialisten implantieren ihm zwei Gefässstützen.
Und sie raten dem Zürcher Nationalrat zu einem radikalen Lebenswandel: Gewicht runter, weniger Bauchumfang, mehr Bewegung, gesunde Ernährung und weniger Stress.
Kurz vor Weihnachten joggt der Politiker – 14 Kilo leichter – gemächlich der Glatt in seinem Wohnort Dübendorf ZH entlang. «Ein Sportnarr bin ich nicht geworden. Aber ich denke jeden Tag daran, möglichst viele Schritte zu Fuss unterwegs zu sein», sagt Bäumle, der seine Runde im dunkelfarbigen Trainingsanzug des FC Nationalrats absolviert. Aus diesem Fussball-Team muss er sich möglicherweise zurückziehen: «Im September war ich wenige Minuten auf dem Feld. Der Puls schoss auf 180. Das machte mir Angst. Denn wie stark mein Herz wirklich ist, weiss ich nicht.»
Die Gesundheit steht für den Politiker jetzt im Zentrum. Auch über die Festtage hält er sich mit Essen zurück. 2300 Kalorien gönnt er sich im Schnitt noch – nur beim Gemüse schlägt der Dübendorfer Stadtrat noch bedenkenlos zu. «Völlerei wie früher liegt nicht mehr drin – unabhängig ob Geburtstag, Weihnachten oder Silvester ist», meint Bäumle ernst.
Mammutprogramm
Die grosse Bewährungsprobe für seine Gesundheit steht 2015 an. Es wird ein sehr forderndes Jahr: Am 8. März stimmen die Bürgerinnen und Bürger über die GLP-Energiesteuer-Initiative ab. Im April folgen die Kantonsrats- und im Oktober die Nationalratswahlen. Ein Mamutprogramm – selbst für einen topfiten Volksvertreter.
Bäumle weiss, dass er nicht übertreiben darf: «Auch bei unserem eigenen Volksbegehren werde ich mich zurückhalten und im Abstimmungskampf nur gezielt öffentliche Auftritte absolvieren.» Die Kampagnenleitung hat er an Parteikollege Roland Fischer (49, LU) übertragen. An einen Urnensieg für GLP-Anliegen, das künftig den Energieverbrauch statt den Konsum besteuern will, scheint er sowieso nicht recht zu glauben: «Wir stehen alleine da – nur mit der Unterstützung der Grünen. 30 Prozent Stimmen-Anteil wären ein Erfolg, 20 Prozent ein Misserfolg.»
Auch bei den nationalen Wahlen im Herbst will sich der Atmosphärenwissenschaftler mehr schonen. «Die Partei ist heute anders als 2011 so aufgestellt, dass es mich klar weniger braucht.»
Einen Strich durch die Rechnung könnte ihm ausgerechnet eine Parteikollegin – Verena Diener (65) – machen. Bis im Februar will die Ständerätin bekannt geben, ob sie für eine weitere Legislatur kandidiert. Bäumle: «Ich gehe davon aus und unterstütze es klar, dass Verena weitermacht.» Denn bei einem allfälligen Rücktritt müsste er ernsthaft über eine Kandidatur nachdenken, um den Sitz für die GLP zu verteidigen. Dann fügt er nachdenklich an: «Ob ich einen intensiven Ständeratswahlkampf zusätzlich zum Rest noch angehen würde, müsste ich genau analysieren.»