Die SBB CFF FFS sind ein Teil der Identität der Schweiz. Die Beschriftungen und Annoncen an Bahnhöfen und in den Zügen sind mehrsprachig. Multikulturelle Schweiz pur.
Dies hat Andreas Meyer, der heutige Bahnchef, nach einem anfänglichen Fauxpas, der zum Streik von Bellinzona führte, sehr rasch gelernt. Und er setzt es nun in seinem Betrieb Tag für Tag um. Er, der kein Italienisch sprach, beherrscht es heute fliessend.
Muss man daran erinnern, dass eine Sprache mehr als ein Aneinanderreihen von Worten ist, sondern eine gesamtheitliche Kultur, in der man denkt, spricht und auch träumt?
Für den Headhunter eine tote Sprache
Und jetzt dies: Ein bekannter Headhunter erklärt zur Suche des neuen SBB-Chefs überzeugt, dass Französisch «quantité négligeable» sei, also «unnötig» gemäss seinem persönlichen deutschen Wortschatz.
Von Italienisch spricht er überhaupt nicht. Kein Wort zur Sprache, die für alle Chefs der ehemaligen Regiebetriebe wie der Post, aber etwa auch des Zolls so wichtig waren. Die Sprache Dantes und vieler heutiger internationaler Manager ist für ihn «lingua morta», in sein Headhunter-Deutsch übersetzt «eine tote Sprache».
Ein falscher Chef der SBB CFF FFS
Dies ist ein Fehler. Lassen wir die grossen Begriffe wie Harmonie, Gleichgewicht, Staatspolitik. Ein Generaldirektor der Chemins de fer fédéraux suisses und der Ferrovie federali svizzere, der kein Wort zu seinen Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spricht, der im Umgang mit kantonalen Behörden nur Bahnhof versteht, der die Kundenwünsche der vielen nicht deutschsprachigen Schweizerinnen und Schweizer nicht kennt – er wäre schlicht der falsche Chef für die SBB CFF FFS.
Marco Solari (75) ist Präsident des Filmfestivals Locarno. Er wurde in diesem Jahr für sein Engagement zugunsten der italienischen Sprache und Kultur mit dem Oertli-Preis und dem Bonny-Preis für die Freiheit ausgezeichnet.