Die Zürcher SVP ist seit 2007 nicht mehr im Ständerat vertreten. Jetzt will sie den prestigeträchtigen Sitz zurückerobern. Doch die politischen Schwergewichte im grössten Kanton, Ruedi Noser (54, FDP), Daniel Jositsch (50, SP) und Martin Bäumle (51, GLP), liefern der SVP einen zähen Abwehrkampf.
Deshalb versucht die Partei nun mit einer teuren Inseratekampagne, ihren Kandidaten Hans-Ueli Vogt (45) bekannter zu machen. Kantonsrat Vogt sei «brillant und lebensfroh», heisst es dort.
Was die Affichen nicht sagen: Der Rechtsprofessor ist auch wendig. Bis dato zeigte er beim Ausbau des Gotthard-Strassentunnels seine grüne Seite. In Interviews erklärte er seine Vorbehalte gegen die zweite Röhre – mit ökologischen Gründen. Auf Anfrage bestätigte er diese Woche erneut diese Position. Aus Gründen des Alpenschutzes sei ein solcher Eingriff in die Natur abzulehnen.
Wenige Stunden später erfolgte ein spektakulärer Richtungswechsel und zwar schriftlich: «Ich habe mich nun etwas näher mit dem Geschäft befasst und bin zum Schluss gekommen, dass der Bau einer zweiten Röhre richtig ist.»
Jetzt auf Parteilinie
Damit politisiert Vogt jetzt stramm auf Parteilinie. Er argumentiert wie SVP-Verkehrspolitiker Ulrich Giezendanner (61, AG). Der neue Stollen sei richtig, weil die Sicherheit damit erhöht werde, wenn der Verkehr nach der Sanierung in zwei Richtungen getrennt verlaufe. Zudem werde der Neubau – wegen der jeweils einspurigen Nutzung der beiden Röhren – nicht zu einer Kapazitätserweiterung führen.
Das Volk stimmt voraussichtlich im Februar über das Vorhaben ab. Unterdessen stilisiert Vogts Partei den Ausbau des Gotthards zur Schicksalsabstimmung hoch: Der Berner Nationalrat Adrian Amstutz (61) wetterte im Parlament: «Die SVP-Fraktion steht dezidiert auf der Seite der Menschenschützer gegen die ideologischen Alpenschützer!»
Vogts Zürcher Parteichef Alfred Heer (51) redet dessen Richtungswechsel klein: Er habe bisher gar nicht gewusst, dass Vogt beim Thema Gotthard anderer Meinung sei als die Partei. «Der Meinungswechsel von Hans-Ueli Vogt war freiwillig», betont er. Der Kandidat lege seine Positionen selbständig fest, Vogt gehe nicht am Gängelband der Kantonssektion. Heer: «Als Partei haben wir bisher rund 50000 Franken in seine Kampagne investiert.» Der grössere Teil der Kosten werde aber vom eigenen Komitee des Ständeratskandidaten finanziert.
Auch Vogt betont, die Parteiraison habe bei der Hinwendung zu einer neuen Haltung «keine Rolle» gespielt. Er habe sich einfach bisher zu wenig mit dem Thema beschäftigt.
Beim Kiffen bleibt Vogt seiner Position treu
Vogt passt sich aber nicht in allem dem SVP-Mainstream an. In der Drogenpolitik vertritt er den Standpunkt des linken Lagers und will sich weiterhin für die Legalisierung des Kiffens starkmachen. Obwohl er persönlich keinen Bezug zum Thema habe, sei «die Ungleichbehandlung von Cannabis und Alkohol nicht zu rechtfertigen». Der Konsum von weichen Drogen dürfe nicht verboten sein.