Macron profitiert von Rücktritten
Frankreichs Regierung ist wieder komplett

Nach dem Ausscheiden mehrerer Kabinettsmitglieder hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine erste Regierungsumbildung abgeschlossen. Drei Frauen aus seinem Lager übernahmen die zuvor von Leuten der Zentrumspartei MoDem gehaltenen Posten.
Publiziert: 21.06.2017 um 23:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:45 Uhr
Frankreichs Präsident Macron krempelt seine Regierung um.
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Das freigewordene Justizressort übernimmt die Juristin und frühere Sozialistin Nicole Belloubet, wie der Generalsekretär des Élyséepalastes, Alexis Kohler, am Mittwochabend in Paris mitteilte. Sie ersetzt den Chef der Zentrumspartei MoDem, François Bayrou.

Justizminister François Bayrou tritt zurück.
Foto: Keystone/EPA/JULIEN WARNAND

Die Spitzenbeamtin und bisherige Bahnmanagerin Florence Parly wird neue französische Verteidigungsministerin. Sie löst in diesem Amt die zurückgetretene MoDem-Politikerin Sylvie Goulard ab.

Die 54-jährige Parly war von 2000 bis 2002 Budgetstaatssekretärin der damaligen sozialistischen Regierung. Zuletzt war sie Generaldirektorin der Passagiersparte der französischen Staatsbahn SNCF.

Und die bisherige Chefin der Elitehochschule ENA, Nathalie Loiseau, wird neue Europaministerin. Sie übernimmt das Amt von der MoDem-Politikerin und Bayrou-Vertraute Marielle de Sarnez. Die ENA gilt als Kaderschmiede der französischen Verwaltung und Politik.

Jacques Mezard wechselt vom Landwirtschaftsministerium zum Ressort für territoriale Planung. Dort ersetzt er den Macron-Vertrauten Richard Ferrand, der durch eine Immobilienaffäre unter Druck geraten war. Ferrand soll Fraktionschef der Präsidentenpartei La République en Marche in der Nationalversammlung werden. Neuer Landwirtschaftsminister wird der frühere Sozialist Stephane Travert, der im vergangenen Jahr zu Macrons Bewegung stiess.

Notoperation «neues Kabinett»

Die Regierungsumbildung war nach der Parlamentswahl vom Sonntag eingeleitet worden, wie es in Frankreich üblich ist. Der Rückzug von drei Kabinettsmitgliedern der Zentrumspartei MoDem wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre sorgte aber dafür, dass die Regierungsumbildung deutlich grösser ausfiel als zunächst erwartet.

Bei der ersten Regierungsumbildung unter Macron blieben aber zentrale Posten wie das Amt des Aussenministers und des Wirtschafts- und Finanzministers unverändert.

Nach seinem Rücktritt als Justizminister wies François Bayrou die Scheinbeschäftigungsvorwürfe gegen seine Partei als «Lügenkampagne» zurück. Wahres Ziel der «anonymen Denunzierungen» sei er als Justizminister gewesen, sagte Bayrou am Mittwoch in Paris.

In diesem Amt sei es ihm aber nicht möglich gewesen, sich gegen die Vorwürfe angemessen zu verteidigen. Der Vorsitzende der Zentrumspartei MoDem bekräftigte: «Bei uns gab es nie Scheinbeschäftigungsstellen.»

Zugleich bekräftigte Bayrou, dass seine Partei weiterhin dem Regierungsbündnis angehöre. Mehrere MoDem-Politiker bekamen am Mittwoch bei der Regierungsumbildung Staatssekretärsposten.

Scheinbeschäftigungsaffäre

Die MoDem wird seit Wochen von einer Scheinbeschäftigungsaffäre erschüttert: Es besteht der Verdacht, dass die mit Macron verbündete Zentrumspartei Mitarbeiter von EU-Parlamentsabgeordneten in Wirklichkeit für Parteiaufgaben einsetzte. Das würde eine Veruntreuung von EU-Mitteln bedeuten. Die französische Justiz hat deswegen Vorermittlungen eingeleitet.

Bayrou war wegen den Vorwürfen besonders exponiert, hätte er doch als Justizminister ein neues Gesetz für mehr Moral in der Politik durch die Nationalversammlung bringen sollen.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf die zahlreichen Politik-Skandale, die Frankreich in den vergangenen Jahren erschüttert haben, in erster Linie die Scheinbeschäftigungsaffäre um den gescheiterten konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon. Präsident Macron tritt ausdrücklich für eine tiefgreifende Erneuerung des politischen Lebens ein. (SDA)

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