Machtwechsel bei der SVP
Martullo-Blocher bereit für den Bundesrat

Vor 25 Jahren erlebte Christoph Blocher mit dem Volks-Nein zum EWR seinen grössten Triumph – vor zehn Jahren dann seine grösste Niederlage: die Abwahl aus der Landesregierung. Nun signalisiert seine Tochter Magdalena Martullo-Blocher ihre Bereitschaft, für den Bundesrat zu kandidieren.
Publiziert: 18.11.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:50 Uhr
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Magdalena Martullo-Blocher steht bereit für den Sprung in die Landesregierung.
Foto: Thomas Meier
Marcel Odermatt und Simon Marti

Es konnte ihm gar nicht schnell genug gehen: Keine 24 Stunden nach seiner Wahl zum Fraktionschef leitete Nationalrat Thomas Aeschi (38, ZG) gestern Samstag bereits die Sitzung der SVP-Parlamentarier im Bundeshaus. Sein Vorgänger, der Berner Adrian Amstutz (63), sass da bereits als einer von vielen unter seinen Kollegen.

Doch nicht nur an der Spitze des Fraktionspräsidiums kündigen sich in der Rechtspartei neue Zeiten an. Im Interview mit SonntagsBlick erklärt sich Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (48, GR) bereit, in der SVP mehr Verantwortung zu übernehmen.

Auf die Frage, ob sie sich eine Kandidatur für den Bundesrat vorstellen könnte, erklärt sie: «In einem Notfall, wenn die EU uns plötzlich unerwartet stark unter Druck setzen würde, würde ich das Amt wohl in Betracht ziehen.» Für ihre Nachfolge an der Spitze der Ems-Chemie, so fährt sie fort, liesse sich eine Lösung finden. Aber natürlich sei sie lieber Unternehmerin als Politikerin.

Das ist ein klares Signal: So eindeutig hat noch selten jemand in Bundesbern seine Ambitionen für einen Bundesratssitz angekündigt, der noch gar nicht frei ist.

Zwei Jahre nach ihrer Wahl in den Nationalrat und zehn Jahre nach der Abwahl ihres Vaters Christoph Blocher (77) aus dem Bundesrat lässt Martullo keinen Zweifel: Sie steht bereit für den Sprung in die Landesregierung.

Ueli Maurer bleibt nicht ewig

Die Sünnelipartei muss sich derzeit tatsächlich Gedanken über geeignete Kandidaten machen. Finanzminister Ueli Maurer wird bald 67 Jahre alt. Obwohl der Vorsteher des Finanzdepartements Fragen nach seinem Rücktritt routiniert beiseite wischt, also höchstwahrscheinlich bis zum Ende der Wahlperiode 2019 durchzuhalten gedenkt: Ewig wird der Zürcher, seit 2009 im Amt, nicht Bundesrat bleiben.

Interessant am Interview mit Martullo: Man fühlt sich an die Worte ihres Vaters aus dem Oktober 2003 erinnert. Der erklärte damals gegenüber «L’illustré», der Bundesrat wäre für ihn eine «Strafe». Zwei Monate später liess sich Blocher in die Landesregierung wählen. Seine Tochter folgte ihm an der Spitze der Ems-Chemie nach.

Noch heute betont Blocher bei jeder Gelegenheit, dass er froh sei, nicht mehr im Bundesrat sitzen zu müssen – obwohl jeder weiss, wie sehr ihm und seinem engsten Umfeld die Abwahl bis heute zu schaffen macht. Von seinen Anhängern wird sie bis heute bei jeder Gelegenheit zur grössten Ungerechtigkeit der Schweizer Geschichte hochstilisiert.

Christoph Blochers Gegner wiederum klopfen sich noch heute auf die Schultern, wenn sie an das Meisterstück von Mitte-links denken, die überraschende Wahl von Blochers Ex-Parteifreundin Eveline Widmer-Schlumpf anstelle seiner selbst am 12. Dezember 2007. Strafe und Opfer, Wohl des Landes: Auch Martullo strickt nun am Blocher’schen Mythos weiter. Gerade jetzt, wo sich der grösste Triumph ihres Vaters, die Ablehnung des EWR-Beitritts 1992, zum 25. Mal jährt.

Blocher senior darf sich freuen, denn in der SVP-Führung gelten lediglich zwei Personen als valable Nachfolger: «Weltwoche»-Chef Roger Köppel (52, ZH) und Magdalena Martullo. Kaum vorstellbar, dass die SVP-Fraktion seine Tochter nicht aufs Bundesrats-Ticket hieven wird. Dafür ist der Blocher-Nimbus auch in nächster Zukunft viel zu übermächtig. Umso mehr, als Parteichef Albert Rösti (50, BE) schon Mitte August im BLICK erklärte, Martullo «wäre sicher eine gute Bundesrätin».

Bald gibts ein Unternehmer-Vakuum

Selbst für ihre politischen Gegner wäre diese Kandidatur denkbar – was auch damit zusammenhängt, dass die Rechtspartei trotz ihrer Grösse nicht beliebig viele Talente in ihren Reihen hat, denen man das höchste Amt zutraut. Hinzu kommt, dass mit FDP-Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (65) bald der letzte Unternehmer aus der Landesregierung scheiden wird. «Tritt sie an, hat sie sehr gute Chancen, gewählt zu werden», sagt ein Polit-Prominenter, der nicht zur SVP gehört.

Klar ist aber auch: Auf linker Seite wäre der Widerstand vorprogrammiert. In der Vereinigten Bundesversammlung käme es zu einem Hauen und Stechen mit unbekanntem Ausgang.

Festzuhalten bleibt: Exakt zehn Jahre nach der Abwahl des Clan-Chefs scheint der Name Blocher – an dem sich in der Schweiz seit Jahrzehnten die Geister scheiden – im wichtigsten Amt, das dieses Land zu vergeben hat, wieder denkbar.

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