Luzerner Wohnungsbesitzerin über das Airbnb-Geschäft in ihrem Haus
«Es sieht aus wie in einer Absteige»

Früher waren ihre Nachbarn Einheimische. Heute wohnt die Luzernerin Sylvie Rüthemann mit lauter Touristen unter einem Dach. Das Gebäude, lange in Familienbesitz, ist zum Airbnb-Haus geworden – zu Rüthemanns Leidwesen.
Publiziert: 07.08.2019 um 21:33 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2019 um 09:24 Uhr
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Sylvie Rüthemann wohnt im obersten Stock eines schicken Altbaus in der Luzerner Neustadt.
Foto: Andrea Brunner
Lea Hartmann

Wenn Sylvie Rüthemann (66) die Treppenstufen zu ihrer Vierzimmerwohnung im sechsten Stock des Altbaus im Luzerner Neustadtquartier hochgeht, kommt sie sich manchmal vor wie im Hotel. Im Gang begegnet sie Putzpersonal, Taschen mit frischer Bettwäsche und Frottiertüchern stehen vor den Türen. Dabei handelt es sich bei dem Gebäude an der Waldstätterstrasse um ein normales Wohn- und Geschäftshaus. Oder eher: Es handelte sich einmal darum. 

Denn heute tummeln sich in diesem und den zwei angrenzenden Häusern vor allem Touristen. Fast alle der 30 Wohnungen werden inzwischen von Vermietungsagenturen auf Airbnb und anderen Buchungsplattformen angeboten. Für die Vermittler ein lukratives Geschäft – auf Kosten der Einheimischen, die weichen müssen (BLICK berichtete). 

«Eines Tages waren da solche Appartements»

Aber auch die, die noch da sind, ärgert die Entwicklung. Rüthemann, die in den Häusern aufgewachsen ist, fühlt sich über den Tisch gezogen. Ihre Familie besass die Gebäude seit 1954, ihr Vater betrieb im Parterre jahrzehntelang eine Bäckerei. 2015 verkaufte ihr Bruder die Häuser an eine Schwyzer Immobilienfirma, Sylvie Rüthemann behielt einzig die Maisonettewohnung im obersten Stock eines der Häuser und mietete die Wohnung daneben bis vor einigen Jahren für ihre Psychotherapie-Praxis. Die Immobilienfirma renovierte die anderen Wohnungen – und vermietete sie an professionelle Airbnb-Vermittler.

«Eines Tages waren da einfach solche Appartements», sagt Rüthemann. Die Vermietung sei erfolgt, ohne sie zu konsultieren – «obwohl ich als Miteigentümerin ein Mitspracherecht habe». Später wurde das Haus weiter an eine Anlagestiftung in Zürich verkauft.

Sie hätte Vermietung nie zugestimmt

«Im Vermächtnis meiner Eltern hätte ich der Vermietung nie zugestimmt», sagt sie. In den Häusern hätten immer lokale Mieter gewohnt. «Jetzt sieht es aus wie in einer Absteige.» Am meisten störe sie die ständige Putzerei durch die Agenturen. Dazu käme der Lärm und die Abnutzung, vor allem durch die vielen Rollkoffer, die tagein, tagaus durchs Treppenhaus rollen. Rüthemann hat das Ferienfeeling zu Hause – und sie würde gerne darauf verzichten.

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