Anfang Woche staunte die Schweiz über die Gelage ihrer Schweizer Steuerchefs auf Staatskosten. Rund 150'000 Franken soll die alljährlich stattfindende Jahresversammlung der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) gekostet haben, die Zürich 2017 im Turnus der 26 Kantone ausrichtete, wie BLICK berichtete.
Was als Netzwerktreffen daherkam, war vor allem ein zweitägiges Ess- und Trinkprogramm, wie der Finanzblog «Insideparadeplatz» schrieb. Das Fachliche begrenzte sich auf einen stündigen Versammlungsteil und ein 45-minütiges Referat. So blieb viel Zeit für ein Gala-Dinner, Bierschwemme und Barbesuch – sowie für «unzählige bilaterale oder multilaterale Gespräche über Steuerfragen oder organisatorische Themen», wie SSK-Präsident Jakob Rütsche (66) gegenüber BLICK betont.
BLICK liegt die Rechnung vor
Bezahlt haben das Ganze der Gastgeberkanton Zürich (rund 70'000 Franken) sowie die rund 180 Teilnehmer aus den Steuerkassen ihrer Arbeitgeberkantone und des Bundes. Doch die Steuerbeamten trieben es noch bunter: Letztes Jahr kostete die Schwelgerei nämlich noch mehr! 2018 trug Luzern das Treffen aus. Auf BLICK-Anfrage rückte der Kanton jetzt die Rechnung heraus.
Das offizielle Programm dauerte an den beiden Versammlungstagen im schicken Luzerner Kultur- und Kongresszentrum (KKL) auch nur zweieinhalb Stunden. Umrahmt war es von zwei Essen im KKL, einer Schiffsrundfahrt auf der MS Diamant, einem Bankett im 5-Sterne-Hotel Schweizerhof und dem obligaten Barbesuch. Der Kanton Luzern zahlte rund 105'000 Franken. 5000 Franken mehr als budgetiert sogar. Dazu kamen die Tagungsgelder, die jeweils die beteiligten Steuerämter übernehmen, von insgesamt rund 80'000 Franken.
Noch 2016 wollte der Kanton keine grosse Party
Besonders verärgert über die 185'000 Franken ist der Luzerner SVP-Kantonsrat Guido Müller (60). Er hatte bereits 2016 in einer Anfrage Kritik am SSK-Anlass geäussert. Müller forderte, dass der Kanton, der ja im Sparmodus sei, kein Geld verschleudern und einen Austritt aus der Konferenz prüfen solle.
Doch im Kantonsrat warnte die Regierung vor grossem Schaden für den Kanton, sollte er aus der SSK austreten. Und die Ratslinke strich den Nutzen des überkantonalen Austauschs heraus. Das Ergebnis: Die Regierung versicherte, der Kanton Luzern wolle «keine grossen Festivitäten», und das Thema war erledigt.
Doch jetzt kommt der Anlass wieder auf den Tisch: Müller hat schon seine nächste Anfrage vorbereitet. «Jetzt will ich von der Luzerner Regierung wissen, weshalb sie dennoch so viel Geld für den Anlass ausgegeben hat», so Müller.
Pfeifen die Regierungsräte ihre Beamten zurück?
Zur Sprache kommen sollen die Steuer-Partys heute zudem an der Plenarversammlung der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren in Bern. Gut möglich, dass die Regierungsräte ihre Steuerbeamten wegen des öffentlichen Drucks zurückpfeifen.
Dabei ist die 101. Jahresversammlung im Kanton Tessin schon in Vorbereitung! Sie verspricht am 19. und 20. September 2019 in Locarno und Bellinzona wiederum ein ganz besonderes Vergnügen. Vorgesehen sind unter anderem ein Spezialprogramm mit einer Retrospektive auf die ersten 100 Jahre der 1919 gegründeten Konferenz sowie kurze Kultur- und Rede-Intermezzi.
Im Tessin muss man über die Bücher
Was die Kosten anbelangt, hält sich Lino Ramelli, Direktor der Tessiner Steuerverwaltung, gegenüber BLICK bedeckt: «Sie sind noch in Abklärung.» Er versichert jedoch: Schon bei der Organisation solcher Veranstaltungen versuche man die Kosten zu dämpfen. Und weiter: «Die geäusserte Kritik wird ein Anreiz für eine weitere Überprüfung sein.» Was im Klartext bedeutet, dass jetzt auch die Ticinesi über die Bücher gehen.