Luftwaffenchef Aldo C. Schellenberg verschwieg Rüstungsprobleme
Wurde Armeechef André Blattmann getäuscht?

Die Bodluv-Waffensysteme waren ungenügend. Dem Armeechef sagte Luftwaffenkommandant Aldo C. Schellenberg davon nichts.
Publiziert: 02.04.2016 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:10 Uhr
Luftwaffenchef Aldo C. Schellenberg.
Foto: Keystone

Nach dem Gripen-Absturz wollte die Schweizer Armee schnell die Boden-Luft-Verteidigung (Bodluv) erneuern (BLICK berichtee). Doch die beiden Systeme, die dazu beschafft werden sollten, erfüllten die Anforderungen nicht, wie Medienberichte vor einigen Wochen öffentlich machten: Die Iris-T-Rakete trifft nur bei gutem Wetter, die Lenkwaffe Camm-ER hat eine zu geringe Reichweite.

Trifft nicht bei Regen oder Nebel: Das Boden-Luft-System IRIS-T.

Gemäss Evaluation zeigten beide Systeme «ungenügende Leistungen». Das hielt die mit der Aufgabe betraute Arbeitsgruppe jedoch nicht davon ab, die Beschaffung weiterzutreiben. Mit der Kombination beider Systeme wollte man die jeweiligen Mängel kompensieren. Oder einfach gesagt: Aus zwei mal «nicht erfüllt» sollte einmal «knapp erfüllt» werden.

Leistungsdefizite und «fragliche Finanzierbarkeit»

Im Bemühen, die Vorwürfe der Medien zu entkräften, schenkte der verantwortliche Luftwaffenchef Aldo C. Schellenberg nicht einmal Armeechef André Blattmann reinen Wein ein.

André Blattmann.
Foto: Keystone

«Aufgrund der vorliegenden Informationen und der Beurteilung des unterstützenden Schweizer Generalunternehmers erfüllen die Komponenten insgesamt die militärischen Anforderungen», heisst es in einer internen Aktennotiz von Schellenberg und weiteren Armeekadern an Blattmann, aus welcher der «Tages-Anzeiger» heute zitiert.

Schellenberg verschweigt darin demnach sowohl die Leistungsdefizite von Bodluv als auch die «fragliche Finanzierbarkeit», auf welche die Evaluation hingewiesen hatte. 

Nicht klar ist, ob Armeechef Blattmann wirklich nicht Bescheid wusste – oder ob die Aktennotiz auf seinen Befehl hin erstellt wurde, «um lästige Medienanfragen abzublocken», wie der «Tages-Anzeiger» mutmasst. Weder Armee noch VBS wollten Fragen dazu beantworten.

Sicherheitspolitiker fordern Aufklärung

Sicherheitspolitikern reicht es jetzt. Ungehalten darüber, wie bruchstückhaft immer weitere Details zur Affäre ans Tageslicht kommen, reagiert zum Beispiel der Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder. «Es kann nicht sein, dass selbst Mitglieder der sicherheitspolitischen Kommissionen alles aus den Medien erfahren müssen», schimpft er. «Die Informationspolitik der Armee ist völlig ungenügend.»

Eder verlangt, dass Armee und VBS an der nächsten Kommissionssitzung alle Fakten auf den Tisch legen. Aufklärung fordert auch die Luzerner CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann. «Die Armee gibt in Bezug auf Bodluv ein desolates Bild ab», so ihr Fazit. (sf)

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