Der Blick auf die Lohnabrechnung sorgt derzeit bei den meisten Arbeitnehmern für Frust – in den Teppichetagen aber reibt man sich die Hände. Während die Gehälter im Schnitt stagnieren, kassieren Manager immer mehr ab. Das zeigt der neuste Lohnschere-Report des Arbeitnehmer-Verbands Travail Suisse.
26 Schweizer Firmen hat der Verband untersucht. Bei der Mehrheit ist die Differenz zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Lohn 2018 weiter gewachsen. Im Durchschnitt verdiene der CEO etwa hundertmal mehr als Mitarbeiter mit dem tiefsten Lohn, so Travail Suisse.
Lohnschere bei Roche am grössten
Am weitesten öffnet sich die Lohnschere beim Basler Pharmariesen Roche. Mit 15'650'000 Franken verdiente CEO Severin Schwan (51) auch im letzten Jahr so viel wie kein anderer Topmanager in der Schweiz. Damit war sein Lohn satte 257-mal höher als der des am schlechtesten verdienenden Büezers im Konzern.
Roche hat die UBS auf Platz 2 verdrängt, deren CEO Sergio Ermotti (59) mit 14'120'000 Franken letztes Jahr etwas weniger verdiente als im Vorjahr. Die Lohnschere betrug trotzdem noch 1:252. Auf Rang 3 folgt die Credit Suisse (Lohnschere 1:226), gefolgt von ABB (1:199) und Nestlé (1:188).
Der Durchschnittslohn der CEOs sank im Vergleich zum Vorjahr leicht – von 5,17 auf 5,13 Millionen Franken. Gestiegen sind derweil die Löhne der anderen Konzernleitungsmitglieder. Im Schnitt sackte ein Finanzchef oder Produktionsleiter im vergangenen Jahr etwa 2,5 Millionen Franken ein, was einem Plus von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Rang | Konzern | Manager und Lohn | Lohnschere |
1 | Roche | CEO Severin Schwan 15.65 Mio. Fr. | 1:257 |
2 | UBS | CEO Sergio Ermotti 14.12 Mio. Fr. | 1:252 |
3 | Credit Suisse | CEO Tidjane Thiam 12.65 Mio. Fr. | 1:226 |
4 | ABB | CEO Ulrich Spiesshofer 8.54 Mio. Fr. | 1:199 |
5 | Nestlé | CEO Ulf Mark Schneider 9.80 Mio. Fr. | 1:188 |
6 | Novartis | CEO Vasant Narasimhan 9.92 Mio. Fr. | 1:163 |
7 | Zurich | CEO Mario Greco 8.80 Mio. Fr. | 1:157 |
8 | Swatch | CEO und Verwaltungsrat Nick Hayek 7.43 Mio. Fr. | 1:155 |
9 | UBS | Group Chief Risk Officer Christian Bluhm 7.95 Mio. Fr. | 1:142 |
10 | UBS | Group General Counsel Markus Diethelm 7.95 Mio. Fr. | 1:142 |
Travail Suisse fordert Lohnerhöhungen für alle
Schaut man weiter zurück, sind die Veränderungen weitaus massiver. Von 2011 bis 2018 sind die Löhne der Topmanager um 19 Prozent gestiegen. Im Schnitt betrug die Lohnerhöhung in der Schweiz nur 4.3 Prozent, hält Travail Suisse fest. Der Verband kritisiert die riesigen Lohnscheren seit vielen Jahren.
Die exorbitanten Manager-Saläre seien unverständlich und ungerecht, sagt Travail-Suisse-Präsident und SP-Nationalrat Adrian Wüthrich (39). «In einem Unternehmen sollen alle Mitarbeitenden höhere Löhne erhalten und nicht nur das Top-Management», sagt er. Deshalb fordere man in den kommenden Lohnverhandlungen deutliche Lohnerhöhungen für alle.
Unzufrieden mit der Umsetzung der Abzocker-Initiative
Travail Suisse verweist auf die Abzocker-Initiative, die 2013 vom Stimmvolk überdeutlich angenommen wurde und Lohnexzessen in der Chefetage einen Riegel schieben wollte. Konkret beinhaltet sie unter anderem ein Verbot von Abgangsentschädigungen und Antrittsprämien. Die Umsetzung hat der Bundesrat in einer Verordnung geregelt, eine Anpassung des Aktienrechts hat nach dem Nationalrat vergangene Woche nun auch der Ständerat beschlossen.
Travail Suisse kritisiert die Beschlüsse als zahnlos. Thomas Minder (58), Vater der Abzocker-Initiative, hatte sich vergebens für strengere Regelungen eingesetzt, die über die Minimalbestimmungen der Übergangsverordnung hinausgehen.