Lobbyisten fordern mehr Transparenz
Agenturchef: «Wir sind es der Gesellschaft schuldig»

Viele Bundeshaus-Lobbyisten wollen raus aus der Dunkelkammer. Zu ihnen zählt auch Erfolgs-Berater Lorenz Furrer (48). Ob seine Argumente die Verhinderer im Ständerat überzeugen?
Publiziert: 10.03.2016 um 19:49 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2018 um 13:24 Uhr
«Das Lobby-Register ist der richtige Weg»: Lorenz Furrer (48) gründete vor zehn Jahren die Agentur Furrerhugi. Heute beschäftigt sie 50 Mitarbeiter in Bern, Zürich, Lausanne, Lugano und Brüssel.
Foto: Peter Gerber
Interview: Christoph Lenz

BLICK: Diese Woche ist ein detailliertes Drehbuch einer Lobby-Agentur an die Öffentlichkeit gelangt. Der Inhalt: Wie Alpiq dem Staat Pleite-AKW aufhalsen kann. Ist das für Sie gutes Lobbying?

Lorenz Furrer: Zum konkreten Fall möchte ich mich nicht äussern. Grundsätzlich kann ich sagen: Beim Lobbying geht es um Kommunikation und Verhandlungskunst. Letzteres findet meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das angesprochene Papier ist deshalb ungewöhnlich, weil hier der Verhandlungs­aspekt publik wurde. Aber für sich genommen ist dieses Papier normales Handwerk.

Gutes Lobbying?

Die Agentur, die das Papier verfasst hat, versteht ihr Handwerk.

Das Papier vermittelt den Eindruck, es sei schrecklich einfach, die Politik zu manipulieren.

Der Begriff manipulieren ist vielleicht etwas irreführend. Ein Lobbyist muss Leute überzeugen. Das ist dann einfach, wenn er die besseren Argumente hat.

Und wenn die guten Argumente nicht ausreichen, hilft man mit Geld, Aufträgen, Mandaten nach?

Ich bin seit 15 Jahren in diesem Geschäft, habe aber noch nie einen Fall gesehen, in dem unzulässig Geld floss. Solvente Banken wehrten sich vergeblich gegen strengere Regulierungen. Zugleich setzen sich kleine, wirtschaftlich unbedeutende Lobbys oft durch, einfach weil sie die besseren Argumente haben.

Am Montag diskutiert der Ständerat über die Schaffung eines Registers, in dem Bundeshaus-Lobbyisten ihre Mandate offenlegen müssen. Was halten Sie davon?

Ich unterstütze diese Idee. Sie entspricht der Linie, die unsere Agentur schon seit bald zehn Jahren vertritt.

Warum?

Wir sind es der Gesellschaft und den Politikern schuldig zu zeigen, für welche Interessen wir einstehen. Das sehen viele in unserer Branche so. Schon früher war es oft das Parlament, das mehr Transparenz beim Lobbying verhinderte. Spontan fallen mir drei Vorstösse ein, die die Branche befürwortete, die das Parlament aber ablehnte.

Im Ständerat fürchtet man, dass eine Abkehr vom derzeitigen Badge-System nicht zu einer Lobbyistenflut führt?

Das ist nicht stichhaltig. Das Parlament kann die Bedingungen für eine Akkreditierung selbst definieren und die Zahl der Lobbyisten beschränken. Zudem gäbe es endlich klare Kriterien für unsere Arbeit. Ich bin sicher: Das Lobbyregister ist der richtige Weg.

Der Lobbyverband Spag, dem Sie angehören, hat bereits eine Transparenzpflicht eingeführt. Mitglieder müssen alle Mandate offenlegen. Sie stören sich daran. Warum?

Als Agentur haben wir nicht nur Lobbyingmandate. Wir machen auch Unternehmenskommunikation, Coachings und so weiter. Viele Aufträge haben null politischen Impact. Ich bin der Auffassung, dass diese von der Offenlegungspflicht ausgenommen werden sollten.

Wenn die Regeln eingeschränkt werden, tun sich Schlupflöcher auf.

Das ist theoretisch möglich, ja. Aber darum geht es uns nicht. Wir verlangen, dass die Regeln konkretisiert werden. Manche Lobbyisten arbeiten seit Jahren zu hundert Prozent für den gleichen Kunden. Für die ist die aktuelle Regelung natürlich unproblematisch. Für eine Agentur ist die Situation anders.

Sollte man nach der Alpiq-­Affäre Lobbyisten nicht einfach Hausverbot im Bundeshaus erteilen, wie die Ständerat Thomas Minder forderte?

Diese Idee ist schlicht nicht durchdacht. Ein klassisches Eigengoal. Statt im öffentlich zugänglichen Bundeshaus würde das Lobbying nur noch in Hinterzimmern und via Telefon stattfinden. Es wäre für niemanden mehr sichtbar.

Brisanter Brief ans Stöckli

Bern – Der Neuenburger SP-Ständerat Didier Berberat will die Dunkelkammer Bundeshaus ausleuchten. Am Montag diskutiert der Ständerat darum seine Forderung nach einer Lobby­isten­ak­kreditierung und einem Mandateregister. Unterstützung erhält Berberat dabei von unerwarteter Seite: Ausgerechnet der Lobbyistenverband Spag selber wirbt in einem Brief an alle Ständeräte für Zustimmung. Der Spag verspricht sich davon, dass auch die Heimlichtuer unter den Lobbyisten zu Transparenz gezwungen würden.

Bern – Der Neuenburger SP-Ständerat Didier Berberat will die Dunkelkammer Bundeshaus ausleuchten. Am Montag diskutiert der Ständerat darum seine Forderung nach einer Lobby­isten­ak­kreditierung und einem Mandateregister. Unterstützung erhält Berberat dabei von unerwarteter Seite: Ausgerechnet der Lobbyistenverband Spag selber wirbt in einem Brief an alle Ständeräte für Zustimmung. Der Spag verspricht sich davon, dass auch die Heimlichtuer unter den Lobbyisten zu Transparenz gezwungen würden.

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