Manchmal steckt hinter einem trocken formulierten Vorstoss im Parlament grosse Tragik. So auch bei der Interpellation des Berner SP-Ständerats Hans Stöckli (65) mit dem Titel «Höhere Flexibilität bei der Anwendung des therapeutischen Quervergleichs».
Dabei geht es um das Schicksal von Patienten mit Cystischer Fibrose (CF). Das ist eine erbliche Lungenkrankheit, die das Atemorgan und die Bauchspeicheldrüse verschleimt und langsam zerstört. Dabei ist vor allem der Krankheitsverlauf in den Kinder- und Jugendjahren entscheidend für die Lebenserwartung.
Klar, dass jedes neue Medikament gegen CF bei den Betroffenen und ihren Familien neue Hoffnung hervorruft. Erst recht, wenn eines wie «Orkambi» auf den Markt kommt, das nicht nur die Folgen der Krankheit lindert, sondern den Defekt an den schleimproduzierenden Drüsen beheben soll.
Bundesrat lehnt neues Medikament als zu teuer ab
Orkambi hat aber auch einen Nachteil, und deshalb ist es ein Politikum: Das in der Schweiz bereits zugelassene Medikament kostet bis zu 200'000 Franken pro Patient. Kosten, die einige wenige Krankenkassen zwar übernehmen, nicht aber die Invalidenversicherung. Für die IV müsste Orkambi auf der Spezialitätenliste stehen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) festlegt.
Doch das verweigert der Bundesrat – mit Verweis auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Das Medikament zeige nicht bei allen Patienten Wirkung.
Hans Stöckli gibt nicht so schnell auf und hakt daher heute Donnerstag im Ständerat nochmals nach. Der Berner will vom Bundesrat wissen, wie er sicherstellt, dass CF-Patienten auch in der Schweiz «raschen und rechtsgleichen Zugang zu überlebensnotwendigen Therapien erhalten». Und wie er insbesondere den betroffenen Kindern helfen will.
Comedian Stefan Büsser erhält «Orkambi» und setzt sich dafür ein
Stöckli erhält dabei prominente Unterstützung von einem der erfolgreichsten Comedians der Schweiz! Stefan Büsser (33) kam mit der Erbkrankheit Cystische Fibrose zur Welt und hat das grosse Glück, dass ihm seine Krankenkasse im Rahmen eines Therapieprojekts Orkambi teilweise bezahlt. Der Rest übernimmt der Hersteller.
Büsser ist über den Entscheid erbost und besorgt zugleich. Die IV, die für Kinder und Jugendliche mit Geburtsschäden zuständig ist, bezahle aufgrund der Zurückhaltung des BAG das Medikament nicht. «Sie setzt damit Kinder dem Risiko eines schnelleren Erstickungstodes aus, das ist für mich unhaltbar.»
Er wirft dem BAG kurzfristiges Denken vor: «Mit der Verzögerung sparen sie jetzt ein paar Millionen bei der IV, die sie aber später, wenn wegen der fehlenden Behandlung die Symptome, Spitalaufenthalte oder gar Lungentransplantationen zunehmen, ausgeben. Hier wird ein perverses Spiel mit der Zeit gespielt, auf dem Rücken von kranken Kindern.»
Von der Wirksamkeit des Medikaments ist Büsser überzeugt. «Mir geht es so gut wie noch nie. Ich kann mehr als 100 Prozent arbeiten, stehe auf der Bühne und hatte dieses Jahr noch keine ambulante Antibiotika-Behandlung nötig. Ich kann mich nicht erinnern, wann das das letzte Mal der Fall war.» Das habe auch Unmengen an Kosten gespart.
Rund 300 weitere Patienten könnten profitieren
Die Nebenwirkungen verschweigt der beliebte Comedian nicht: «Tatsächlich hatte mein Körper anfangs Mühe, mittlerweile arbeitet er sehr gut mit dem Medikament, und ich möchte es nicht missen.»
Neben Büsser könnten aktuell rund 300 weitere Personen von dieser neuen Therapie profitieren. Am CF-Zentrum des Universitätsspitals Zürich werden seit 2016 Cystische-Fibrose-Patienten mit einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung mit dem Medikament behandelt. Die Wirkung und mögliche Nebenwirkungen werden engmaschig überwacht.