Verhandeln kann sie
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EU-Unterhändlerin Livia Leu:Verhandeln kann sie

Livia Leu (59) muss im Aussendepartement den EU-Chnorz lösen
Nur Cassis ist nicht begeistert

Livia Leu hat den undankbarsten Job der Schweiz: Sie soll das Rahmenabkommen retten. Politiker sind voll des Lobes für den Personalentscheid. Nur Aussenminister Ignazio Cassis hätte lieber jemand anders nach Brüssel geschickt.
Publiziert: 14.10.2020 um 22:46 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2020 um 06:58 Uhr
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Botschafterin Livia Leu wird neue Staatssekretärin im EDA. Hier im Bild mit Bundesrat Ignazio Cassis.
Foto: Karl-Heinz Hug
Pascal Tischhauser, Lea Hartmann und Sermîn Faki

Begeisterung klingt anders. Erst auf Nachfrage brachte Aussenminister Ignazio Cassis (59) gestern einige anerkennende Worte über die neue EU-Chefunterhändlerin über die Lippen: Livia Leu (59) sei eine «erfahrene, solide Diplomatin», die «im Leben etwas erlebt hat», sagte Cassis verhalten. Während andere schwärmen, stapelt der Tessiner tief.

Dabei sollte Cassis dankbar sein. Leu hat sich den undankbarsten Job der Schweiz geangelt. Sie gibt den Botschafter-Posten in Paris ab, um sogleich Verhandlungen mit der EU über das Rahmenabkommen aufzunehmen – das in der Schweiz kaum mehr einer will.

Cassis schafft ab, was er eingeführt hat

Cassis krempelt mit der Bündnerin sein Aussendepartement (EDA) um. Statt wie heute zwei Staatssekretäre – Roberto Balzaretti (55) für Europa und Krystyna Marty Lang (54) für den Rest der Welt – gibts ab Januar nur noch Super-Staatssekretärin Leu. Balzaretti wird degradiert und übernimmt Leus Posten in der französischen Botschaft.

Mit der Reorganisation schafft Cassis ab, was er selbst eingeführt hat. Er und sein Generalsekretär, der frühere Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes, Markus Seiler (52), hatten Balzaretti zum zweiten Staatssekretär im EDA gemacht. Nun macht die Aufteilung in Europa und den Rest der Welt aus Cassis’ Sicht plötzlich keinen Sinn mehr.

Tessiner für Tessiner

«Strategie, Struktur, Personal» – in dieser Reihenfolge hat Cassis die Reorganisation seines Departements aufgegleist, und so verkauft er diese stets. Wohlwissend, dass der dritte Punkt der heikelste ist. Immer wieder habe er versucht, die Personalie zu umschiffen, heisst es aus mehreren Quellen.

Leu sei schon vor Wochen Thema gewesen – aber nicht als klare Nummer zwei im EDA, sondern neben oder unter Balzaretti. An seinem Tessiner Staatssekretär wollte der Südschweizer unbedingt festhalten. Doch dieser hatte sich selbst untragbar gemacht, weil er den Entwurf des Rahmenabkommens immer nur lobte – wo doch die Konsultationen zeigten, dass es in vielen Punkten ungenügend ist. Es brauchte einen neuen Verhandler. Oder eben eine Verhandlerin.

«Ich schätze ihre Kompetenz»

Über Leu, die frühere Botschafterin in Teheran, die die Freilassung von drei festgehaltenen US-amerikanischen Touristen erwirkte, und spätere Botschafterin in Paris, ist nur Gutes zu hören. Hilfsbereit sei sie, unkompliziert und eben nicht so aufgeblasen wie manch ein anderer Diplomat, ist zu vernehmen.

Und so sind auch die Parlamentarier voll des Lobes über die neue Staatssekretärin und Nummer zwei im EDA. FDP-Aussenpolitikerin Christa Markwalder (45) meint: Livia Leu habe in ihrer langjährigen diplomatischen Karriere schon viele schwierige Missionen erfolgreich abgeschlossen. «Ich schätze ihre Kompetenz und Erfahrung sehr.»

Auch SP-Präsident Christian Levrat (50) sagt: «Frau Leu ist eine gute Wahl.» Und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (41) sagt, er habe von der neuen Staatssekretärin persönlich einen guten Eindruck erhalten.

Jetzt muss Leu nur noch ihren Chef von sich überzeugen. Und das Rahmenabkommen retten.

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