Für die Bewilligung von Nebenjobs gelten in der Bundesverwaltung seit sechs Jahren verschärfte Regeln. Bei kleinen Angestellten werden sie äusserst konsequent angewandt: Dies zeigt eine anonymisierte Liste aller bewilligten Nebentätigkeiten der Bundesbeamten, die SonntagsBlick von der Verwaltung einforderte – gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz.
Eine Reinigungskraft mit 37-Prozent-Job im Bundesamt für Bauten und Logistik muss eine Genehmigung beantragen, wenn sie nebenher noch die Geschäftsstelle der FDP des Kantons Bern reinigen will. Eine weitere Teilzeitangestellte muss sich den Reinigungs-Nebenjob in einer Migros-Filiale bewilligen lassen.
Grundsätzlich sind alle Nebenjobs meldepflichtig, bei denen Geld verdient wird. Auch Bundesangestellte, bei denen die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht oder deren Arbeitsleistung durch den Nebenjob beeinträchtigt sein könnte, brauchen eine Bewilligung.
Weiter oben geht es weniger streng zu. Dies zeigt die Liste der bewilligten Nebenbeschäftigungen der Spitzenbeamten. Auch sie liegt SonntagsBlick vor und enthält die Nebenjobs aller Direktoren und Geschäftsleitungsmitglieder der Bundesämter. Aufgrund eines Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts musste die Verwaltung diese Aufstellung jetzt erstmals publizieren.
Ausgerechnet ein Nebenjob aber fehlt in der Liste: Der von Barbara Schaerer (54), Direktorin des Eidgenössischen Personalamts (EPA), die ein Verwaltungsratsmandat bei den Berner Verkehrsbetrieben Bernmobil hat.
Schaerer erhält dafür eine Entschädigung von 8855 Franken – und bessert damit ihren Jahreslohn, der zwischen 256'000 und 313'000 Franken liegt, noch ein wenig auf.
Es ist schnell verdientes Geld. «Das Bernmobil-Mandat umfasst fünf bis sechs Verwaltungsratssitzungen pro Jahr, die durchschnittlich rund drei Stunden dauern», sagt Schaerer. Mithin kassiert sie einen Stundenlohn von rund 492 Franken, bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben der rot-grün regierten Bundesstadt ein sehr gutes Entgelt. Doch warum taucht das Mandat in der Liste nicht auf?
Die oberste Personalchefin hat ihr Engagement bei Bernmobil gemeldet. Da aber kein Interessenkonflikt mit ihrer Arbeit bestehe, sei es, so Schaerer, nicht bewilligungspflichtig. Die Belastung sei vertretbar und schränke ihre Arbeit nicht ein.
Die Partnerin des ehemaligen SBB-Chefs und SP-Manns Ulrich Gygi (69) hat das Mandat bei ihrem Amtsantritt 2008 behalten. «Es ist eine interessante Tätigkeit», begründet Schaerer. «Zudem bestand im Verwaltungsrat der Wunsch, dass ich im Verwaltungsrat bleibe.»
Daneben hat die Personalchefin noch zwei weitere Nebenjobs. Sie sitzt im Verwaltungsrat der Suva und in der Kassenkommission der Publica, der Pensionskasse des Bundes. Diese Jobs übt sie als Vertreterin des Bundes aus. Von den Honoraren darf sie bis zu zehn Prozent ihres Jahressalärs behalten.
Schaerers Arbeitgeber, das Finanzdepartement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer, sieht darin kein Problem. Der Nebenjob sorge für eine sinnvolle Vernetzung und den Austausch zwischen Verwaltung und Wirtschaft, sagt ein EFD-Sprecher.
SVP-Nationalrat Peter Keller (45, NW) hingegen findet: «Die oberste Personalchefin müsste bei privaten Nebenjobs mehr Zurückhaltung üben, denn sie hat eine Vorbildfunktion.» Hier fehle es zumindest an Fingerspitzengefühl.
Keller stört auch die Ungleichbehandlung bei der Bewilligung der Nebenjobs: «Die Kleinen werden schikaniert und die Grossen schauen, dass sie nicht belangt werden.» Der Interessenkonflikt sei bei der Putzfrau geringer als beim Bernmobil-Mandat.
Laut EFD-Sprecher gibt es keine unterschiedlichen Massstäbe. Jeder Fall werde individuell beurteilt. Zum Fall der Reinigungskraft sagt er: Das Bundesamt für Bauten und Logistik wähle ein vorsichtiges Vorgehen zum Schutz des Personals. Die Bewilligungspflicht sei kein Misstrauensvotum. Man versuche so, potenziell heikle Situationen zu verhindern.
SP-Ständerätin Anita Fetz (59, BS) ist der Meinung, dass für Nebenjobs bei Top-Beamten strengere Massstäbe gelten sollten als bei einfachen Mitarbeitern: «Direktoren von Bundesämtern sollten grundsätzlich auf jegliche Verwaltungsratsmandate und Firmenbeteiligungen verzichten, die nicht zu ihrer Aufgabe im Staatsdienst gehören.» Ausnahmen müssten sehr gut begründet sein.
Die meisten Spitzenbeamten im Finanzdepartement beschränken sich bei den Nebenjobs denn auch auf Miliztätigkeiten oder auf Mandate, die in Zusammenhang mit ihrer Arbeit stehen.