Leuthard erreicht Durchbruch in Brüssel
Sie reden wieder miteinander!

Bundespräsidentin Doris Leuthard konnte bei ihrem Besuch in Brüssel einen Durchbruch vermelden. Ob der Bestand hat, ist aber fraglich.
Publiziert: 07.04.2017 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:42 Uhr
Bundespräsidentin Doris Leuthard und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker reden wieder miteinander, wie hier gestern in Brüssel.
Foto: Olivier Hoslet
Sermîn Faki

Auf eine Kuss-Attacke verzichtete EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, als er Bundespräsidentin Doris Leuthard gestern in Brüssel empfing. Dafür gaben die beiden aber inhaltlich Gas: Als erste Bundespräsidentin seit drei Jahren konnte Leuthard eine konkrete Verbesserung der angespannten Beziehung zur EU präsentieren.

Zum einen wurden alle Verhandlungen, die Brüssel nach dem Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative im Februar 2014 auf Eis gelegt hatte, deblockiert. Das heisst: Bern und Brüssel reden wieder miteinander über Forschungskooperationen, die Abschaffung technischer Handelshemmnisse und weitere Fragen.

Bis Ende Jahr der Rahmenvertrag

Zum anderen wird parallel weiter über das Rahmenabkommen verhandelt. Also darüber, wie die Schweiz künftig Änderungen im EU-Recht übernehmen soll und was passiert, wenn es darüber Streit gibt. Beide Seiten wüssten, dass es noch einige Knackpunkte gebe, sagte Leuthard. «Aber wir wollen sie lösen.» Und das schnell: Bis Ende Jahr soll ein Vertrag auf dem Tisch liegen. 

Leuthard deutete an, dass man beim umstrittensten Punkt, der Streitbeilegung, einer Einigung nahe sei. «Wir werden eine Lösung erreichen, bei der es eine gerichtliche Beurteilung gibt und eine politische Beurteilung. Und für die Schweiz ist am Schluss die politische entscheidend», sagte sie. Das böse Schlagwort der «fremden Richter», das die SVP verwende, sei jedenfalls falsch.

Freude – und Zweifel

SP-Nationalrat Tim Guldimann (ZH) freut sich über die raschen Verhandlungen.
Foto: Keystone

Linke Aussenpolitiker freuen sich: Für die Zukunft der bilateralen Beziehungen sei das Rahmenabkommen zwingend, so SP-Nationalrat und Ex-Diplomat Tim Guldimann (ZH). «Es ist daher sehr positiv, dass sich beide Seiten geeinigt haben, zu versuchen, diese Verhandlungen bis Jahresende zum Abschluss zu bringen.»

Auf der rechten Ratsseite sieht man das anders. Sich unter Zeitdruck setzen zu lassen, sei nicht nötig, findet SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (SG). «Zumal das Rahmenabkommen aus Schweizer Sicht kein Wunschkind ist», so der Präsident der Aussenpolitischen Kommission.

Bürgerlichen Support hat er: Am Wochenende hatten die Parteipräsidenten von CVP, FDP und SVP gar einen Abbruch der Verhandlungen gefordert.

Kritisch: Roland Rino Büchel (SVP, SG).
Foto: Patrick Lüthy

«Das Rahmenabkommen muss uns wirkliche Vorteile bringen und im Ernstfall auch funktionieren, soll es vor dem Volk bestehen», so Büchel. «Das sehe ich im Moment sicher nicht.»

Das gibt Haue!

Auch Experten zweifeln. «Dass die Politik dem Volk ein Rahmenabkommen schmackhaft machen kann, bezweifle ich», sagt Thomas Schäubli, Europa-Experte bei Wellershoff & Partners.

Zuversicht, wie sie Leuthard und Juncker gestern ausstrahlten, wird daher nicht ausreichen. Das zeigt nur schon ein Blick auf das von SVP-Übervater Christoph Blocher gegründete EU-NO-Komitee. Es traf sich gestern Abend zur Jahresversammlung. Der Ort könnte symbolträchtiger nicht sein: Blocher versammelte die Mitstreiter «gegen den schleichenden EU-Beitritt» im Zürcher Zunfthaus zur Haue.

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